Was können Musikerinnen und Musiker von Sportler*innen lernen?
Gerade im Sport sind effektive und moderne Trainingsmethoden sowie Techniken zur mentalen Gesundheit und dem mentalen Training längst angekommen – ein schönes Beispiel wie verankert das Thema mentale Gesundheit bspw. ist, war für mich die Doku „Heimvorteil mit Tommi Schmitt“, die jüngst im ZDF lief. Alle 3 Profi Fußballer sprachen offen und selbstverständlich über das Thema mentale Gesundheit. In der letzten Folge „Wie übt eigentlich..?“ durfte ich Sebastian Scholz (Professor für Musizierendengesundheit in Lübeck) nach Tipps für Musikerinnen und Musiker in diesem Bereich befragen.
Mentales Üben gibt es in der Musik bereits seit den 1940er Jahren
Und auch wenn mentales Üben und mentales Training in der Musik schon lange bekannt sind (erste wissenschaftliche Untersuchungen fanden hierzu bereits 1941 statt), finden sie nur schwer flächendeckend Einzug. Da kann der Sport Vorbild sein. Wir haben uns daher in dieser Folge angeschaut, wie ein Übertrag von Trainingsplänen und Strukturen aus dem Sport gelingen kann und was es dabei zu beachten gilt. Wie selbstbestimmt sind solche Pläne?
Gemeinsam mit dem NMZ Podcast „Laut und leise“ haben wir uns 3 Expert*innen zu diesem Thema eingeladen: Kim Bui ehemalige Profi-Turner, Tanja Becker-Bender – Professorin für Violine in Hamburg sowie Hauke Siewertsen – Sportpsychologe und Cellist.
Podcast-Folge anhören
Die Sonderfolge zum Thema Sport und Musik lässt sich auf allen bekannten Streaming Plattformen kostenlos anhören.
Spotify
Apple Podcast
Den anderen Teil der Folge hört ihr…
… im Podcast „Laut & Leise“ der Neuen Musikzeitung (NMZ). Den Link dazu findet ihr hier:
Literatur, Doku- & Podcast Empfehlungen
Erkenntnisse aus den Sportwissenschaften in die Musik zu übertragen ist kein Trend der letzten Jahre. Erste Artikel darüber haben ich bereits in der Zeitschrift Üben & Musizieren aus dem Jahr 2006 gefunden. Dort wurde sogar berichtet, dass es sogar in den 1980er vereinzelte Professoren gab, die sportwissenschaftliche Lehren in ihren Unterrichten einbrachten.
Ein paar der Entdeckungen während der Recherchen möchte ich hier für euch zusammenstellen:
Anwendungen in den Musikhochschulen
Differenzielles Üben in der Musik
Die Musikhochschule Dresden hat eine sehr aufschlussreiche, vierteilige Reihe zum Thema „Differenzielles Üben“ produziert. Diese Lernmethode (ganz vereinfacht gesagt versucht man hier mit jeder neuen Wiederholung neue Reize zu setzen – à la „lernen an Unterschieden“) kommt direkt aus dem Sport und wird von zahlreichen Profimannschaften z.B. in der Bundesliga angewandt.
Das Zentrum für Berufsmusiker
Das Zentrum für Berufsmusiker unterstützt und berät seit mehr als 30 Jahren Musikerinnen und Musiker. Vor zwei Jahren veranstaltet es ein sehr interessantes Symposium zum Thema „Mentale Stärke im Leistungssport und in der Leistungsmusik“. Ein Nachbericht findet sich weiterhin auf YouTube
Die Themen Mentale Gesundheit sowie Mentales Training/Üben in der Musik durfte ich kürzlich auch mit zwei sehr interessanten Gästen in meinem Podcast „Wie übt eigentlich..?“ besprechen. Beides lässt sich auf allen bekannten Streaming-Plattformen weiterhin nachhören.
Sport-Podcasts
Eine unserer Expert:innen, Turnerin Kim Bui, erzählte im Podcast, dass es fester Bestandteil ihrer Trainingsroutine war ein „Überpotential“ zu schaffen. Damit meinte sie, dass sie sich in der Lage fühlen wollte auch unter schwierigeren Wettkampfumständen die Höchstleistung aus dem Training abzurufen.
Interessanterweise erzählte Tennisspielerin Andrea Petkovic kürzlich im Podcast „Schlag und fertig“ etwas ähnliches. Für alle Fußballfans bzw. Fans der Tennisspielerin ist diese Folge auch unabhängig davon sehr hörenswert.
Trainingspläne zum Üben – geht das?
Erstelle deinen persönlichen Übeplan
Die größte Herausforderung beim Üben ist es, sich auf bestimmte Aspekte zu fokussieren. Diese sinnvoll auszuwählen ist nicht immer leicht. Genau dabei hilft dir die what is practice Übeplan-Vorlage.
- Definiere deine Ziele
- Coaching-Tool zum Visualisieren deiner Stärken und Schwächen
- Auswertungs-Vorlage, die dich beim Erreichen deiner Ziele unterstützt
- Übe-Tipps
Empfehlungen
45 Sekunden
Kim Bui
„Turnen ist für die dreimalige Olympiateilnehmerin Kim Bui die schönste Sportart der Welt, ihre Karriere war aber auch mit vielen Tränen, Schmerzen und Entbehrungen verbunden. So litt sie jahrelang unter Bulimie, um das geforderte Wettkampfgewicht halten zu können.
Die ehemalige deutsche Athletensprecherin beschreibt in ihrem Buch eindringlich, welchen Willen und welcher Leidenschaft es bedarf, um Tag für Tag stundenlang für einen Wettkampf zu trainieren, der nur 45 Sekunden dauert. Was es bedeutet, als olympische Spitzenathletin in bescheidenen wirtschaftlichen Bedingungen zu leben und sich parallel um eine Berufsausbildung zu kümmern. Dabei setzt sie sich auch kritisch mit den Schattenseiten des Turnsports und hochsensiblen Themen wie Sexualisierung, Essstörungen, seelischem Missbrauch und Zukunftsängsten auseinander. Sie legt Wunden offen, ohne verletzend zu sein. Ihr Buch ist ein zutiefst menschlicher Appell an die Gesellschaft, sportliche Leistung auch jenseits der olympischen Medaillenränge wertzuschätzen.“
Wer schreibt hier eigentlich..?
Patrick Hinsberger studierte Jazz Trompete bei Matthieu Michel und Bert Joris und schloss sein Studium im Sommer 2020 an der Hochschule der Künste in Bern (Schweiz) ab.
Seit seiner Bachelor-Arbeit beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema musikalisches Üben und hostet seit 2021 den Interview-Podcast "Wie übt eigentlich..?"