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Optimal Üben mit Susan Williams

Mein heutiger Gast ist die Trompeterin, Pädagogin und Buch-Autorin von „Optimal Üben“ Susan Williams.

Auf gut 120 Seiten hat Williams darin nicht nur die aktuelle Forschungslage zum Thema Üben skizziert sondern – und das hat mich ganz persönlich  an ihrem Buch so begeistert – auch viele konkrete Tipps gleich mitgeliefert. Auf 10 Arbeitsblättern und zahlreichen sogenannte Spielkarten, lässt sich das Gelesene sofort im eigenen Üben anwenden. Höchste Zeit also um mit ihr nicht nur über das Buch , sondern auch über ihre ganz persönliche Anwendung zu sprechen.

Neben vielen Ideen zum Bewegungslernen haben wir uns vor allem mit dem Planen und Strukturieren des Übens beschäftigt. Am Ende kamen wir hier – ganz unverhofft –  noch einem kleinen Geheimnis auf die Spur. 

Susan ist gebürtige Australierin. Ein umso größer Dank bereits an dieser Stelle, dass sie sich auf das Experiment eingelassen hat und das Gespräch mit mir auf Deutsch geführt hat. 

Susan Williams

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Die Folge mit Susan Williams lässt sich auf allen bekannten Streaming Plattformen kostenlos anhören.

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Das Interview

Vervollständige folgenden Satz: Üben heißt für Dich….

Forschen. Kennenlernen.

Welche Musik (Album / Künstler) läuft bei dir gerade in Dauerschleife?

Die Hohe Messe von Johann Sebastian Bach in der Version von Collegium Vocale Gent. Für mich ist Bach der wichtigste Komponist. Er hat mich mein ganzes musikalisches Leben lang begleitet. Und besonders dieses Stück ist für mich dabei das schönste Stück. Besonders mit einer solchen Gruppe, die sich auf die Musik Bachs spezialisiert hat und diese auf historischen Instrumenten aufführt.

Welche CD hat Dich musikalisch (auf Dein Spiel bezogen) am meisten geprägt?

Man könnte glauben, weil ich Trompete spiele, sollte es auch ein anderer Trompeter oder eine andere Trompeterin sein. Aber ich habe immer schon versucht, mein Spiel noch reicher und nuancierter zu gestalten und über das, was bereits vorhanden ist, hinauszugehen.

Ich habe daher viel von Marcel Ponseele gelernt, der erste Oboist von Collegium Vocale Gent. Mich fasziniert, wie beseelt sein Ton klingt und wie er es schafft genau das zu spielen, was nötig ist. Als ich ihn zum ersten Mal gehört habe, wusste ich, dass ich das auch auf der Trompete machen wollte. Auch wenn die Leute sagen, dass das nicht möglich sei. (lacht)

Wie wendest du die Inhalte von „Optimal Üben“ selbst an?

Dafür üben wir ja. Du bist Dozentin für Barocktrompete an der Hochschule in Bremen und Den Haag, gibst Kurse zum Themen Üben und die meisten werden dich sicher über dein Buch „Optimal Üben“ kennen. Was wahrscheinlich die wenigsten wissen ist – Wie sieht dein Übe-Alltag aus?

Wenn ich übe, versuche ich mir sehr bewusst zu werden, was ich von diesem Stück möchte, warum es komponiert wurde und wie ich ihm am besten dienen kann. Gar nicht nur als Trompeterin, sondern vor allem als Erzählerin. Ich glaube viele Trompeter*innen denken an Klangproduktion und einen sanglichen Ausdruck. Allerdings glaube ich, dass wir sogar noch mehr können. Wir können erzählen. Das höre ich übrigens viel öfter in Jazz und Alter Musik, weniger in Klassik.

Beim Üben frage ich mich dann, welchen Effekt ich an den einzelnen Stellen benötige. Dann versuche herauszufinden, was die einzelnen Phrasen sagen. Anschließend spiele ich die Stelle in verschiedenen Wegen, bis ich genügend Informationen über Klang und Tonabstände (Intervalle) entdeckt habe. Ich arbeite dabei viel mit meiner Vorstellungskraft – und zwar nicht nur der auditiven, sondern auch der auf Effekte bezogenen.

Das meinte ich ganz zu Beginn auch mit forschen. Ich versuche beim Üben viel in diesen Meta-Ebenen zu denken. Dabei vertraue ich darauf, dass wenn ich eine halbe Stunde darin investiere, dass dies auch etwas bringt.

Jetzt hast du ganz viele wichtige Aspekte angesprochen, die ich gern der Reihe nach durchsprechen würde. Wie du es so berichtest, klingt es, als hättest du einen sehr analytischen Ansatz zum Thema Üben. Würdest du sagen, dass du dein Üben damit beginnst, dass du dir anschaust, welche Herausforderungen die einzelnen Stücke mit sich bringen und daraufhin die entsprechenden Methoden auswählst?

Für mich meint Forschen auch sinnliches forschen, also fühlen. Damit meine ich, dass ich eher über (be)merken nachdenke und nicht über analysieren und bewerten.

Wenn ich dann feststelle, dass etwas nicht effizient ist, versuche ich mit der entsprechenden Stelle zu improvisieren. Oder ich denke mir eine eigene Übung für diese Stelle aus. Nur dann bin ich aktiv dabei und kann die richtigen Fragen an das Stück stellen.

Wenn es dann zum ersten Mal geklappt hat, ist es wichtig innezuhalten und zu fühlen (fragen), warum es geklappt hat. Man muss sich selbst die Fragen beantworten können, was man sich vorgestellt hat, damit die Stelle funktioniert hat. Damit baut man ganz nebenbei auch Selbstbewusstsein auf.

Was man vermeiden sollte, ist in den Kategorien gut und schlecht zu denken. Die Technik ist dann letztlich nur ein Nebenprodukt – genauso wie effiziente Körperbewegungen.

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Wer schreibt hier eigentlich..?

Musiker | Podcast-Host | Blogger | + posts

Patrick Hinsberger studierte Jazz Trompete bei Matthieu Michel und Bert Joris und schloss sein Studium im Sommer 2020 an der Hochschule der Künste in Bern (Schweiz) ab.
Seit seiner Bachelor-Arbeit beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema musikalisches Üben und hostet seit 2021 den Interview-Podcast "Wie übt eigentlich..?"

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