Meine erste (wenn auch unpersönliche) Begegnung mit Max, war im Rahmen meiner Bachelor-Arbeit. Zum ersten Mal hatte ich etwas von der Technik „Üben im Flow“ gehört – und der Begründer dieser speziellen musikalischen Technik, Andreas Burzik, empfahl mir den in Zürich lebenden Jazz-Gitarristen.
Nach wenigen Klicks landete ich auf seiner Max Frankl Academy, in der er eine eigene Lern-Community für Gitarristen aufgebaut hat. Beginnend bei Harmonielehre bis hin zum perfekten Solo-Aufbau kann man hier alles von ihm erfahren.
Eine absolute Empfehlung an dieser Stelle ist sein E-BOOK „Üben im Flow“, welches ich mir damals auch gekauft habe. Darin beschreibt er die konkrete Anwendung der Flow-Technik im musikalsichen Alltag. Super hilfreich ist auch der passende Audio-Guide dazu.
Zu Max‘ musikalischen Stationen zählen unter anderem das Bundesjazz-Orchester (BuJazzO), ein Studium am Conservatorium von Amsterdam, parallel dazu Unterricht bei Wolfgang Muthspiel, Aufnahme ins European Jazz Orchester (als erster deutscher Gitarrist) und ein ECHO-Preis für den besten Gitarristen national.
Wer mehr über Max Frankl erfahren möchte, dem sei an dieser Stelle sein Podcast und seine Webseite sehr empfohlen.
Lieber hören statt lesen?
Die Folge mit Max Frankl lässt sich auf allen bekannten Streaming Plattformen kostenlos anhören:
Das Interview
Vervollständige folgenden Satz: Üben heißt für Dich….
In der Situation, der Musik auf den Grund gehen, die ich wahnsinnig gerne mag und die ich seit mehr als 20 Jahren lieb gewonnen habe.
Eine Situation, die mir Freude macht, aber in die ich auch hineinwachsen musste. Das Spielen von Musik war für mich immer schon eine große Freude – aber das Üben musste ich mir erarbeiten.
Jetzt inzwischen ist es so, dass ich auch so viele andere Sachen mache, dass wenn ich dann üben kann, dann ist das für mich das Highlight des Tages.
Welche Musik (Album / Künstler) läuft bei dir gerade in Dauerschleife ?
Ich höre mir gerade das neue Album von Pat Metheny „From this Place“ an. Das gefällt mir wahnsinnig gut und ist so ein Album, welches bei mir gerade dauernd läuft.
Welche CD hat Dich musikalisch (auf Dein Spiel bezogen) am meisten geprägt ?
Das kann ich so gar nicht sagen. Ich erinnere mich daran, dass ich viele Alben von John Scofield hatte. Zum Beispiel das „Blue Matter“ Album ganz früh. Das hatte ich so circa mit 15 Jahren. Ich hatte einiges von Wolfgang Muthspiel, viel von Pat Metheny und Bill Frisel – das würde ich sagen sind die wichtigsten Einflüsse. Mit Sicherheit auch Kurt Rosenwinkel, der dann ein bisschen später dazukam.
Wie sieht Dein typischer Übe-Alltag aus ?
Mein typischer Übe-Alltag sieht so aus, dass wenn ich mich auf Studio-Aufnahmen oder Gigs vorbereite, ich sehr sehr fokussiert bin. Das heißt, das Üben ist dann die erste und wichtigste Sache am Tag. Davor gibt es gar nichts – da wird kein Handy angeschaltet, da kann mich niemand erreichen, keine Mails und keine Anrufe. Ich bin dann vollkommen fokussiert und arbeite immer 1,5h Stunden. Anschließend mache ich dann eine halbe Stunde Pause, das heißt ich gehe mal kurz raus oder hole mir einen Kaffee.
Die 1,5 Stunden sind sehr intensiv. Hier mache ich immer eine Art „Sprint“. Nach 20 Minuten gibt’s immer mal wieder kleine Pausen, in denen ich kurz aufstehe und mich kurz „schüttle“. Die Gitarre ist auch ein physisch anstrengendes Instrument und da muss man einfach schauen, dass man nicht in eine komische Übehaltung kommt und einem der Rücken wehtut.
Ein sehr typischer Übe-Alltag geht dann von morgens bis mittags, dann gibt es Mittagessen und anschließend mache ich andere Sachen.
Wie gehst du mit Fehlern um?
Für mich ist Fehler gar kein Begriff, den ich richtig fassen kann. Am ehesten ist ein Fehler für mich, dass ich bei einer Aufnahme im Tonstudio einen Ton nicht erwischt habe und es dieses typische „Plop-Geräusch“ macht, welches entsteht, wenn man einen Ton zwar anschlägt, aber nicht richtig gegriffen hat. Auf Studio-Aufnahmen höre ich mir an wie es klingt. Wenn es mich stört, schneide ich es raus, wenn nicht lasse ich es drin. Ansonsten ist es für mich beim Üben so, dass es in dem Sinne eigentlich keine Fehler gibt, sondern es sind einfach Erfahrungen, die ich mache und die ich beobachte.
Ich versuche beim Üben sowieso nie zu werten. Deswegen betrachte ich das auch nicht als Fehler, sondern Sachen, wo ich gesagt bekomme: „Da musst du noch mal ran. Hier muss ich nochmal üben.“
Viele kleine Übe-Einheiten oder lieber ein paar längere am Stück? Und warum?
Wie vorhin schon gesagt, übe ich in 1,5 Stunden Blöcken mit voller Konzentration und dann eine halbe Stunde Pause. Das kann ich zweimal am Tag machen und dann bin ich komplett fit auf dem Instrument und bin auch irgendwie glücklich nach dieser Zeit.
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Was hilft Dir, nach einem anstrengenden Tag, um am Besten auf andere Gedanken zu kommen?
Auf jeden Fall hilft mir Sport. Auch in die Natur zu gehen. Hier in Zürich gibt es einen wunderschönen See, an den man sich setzen kann. Kurzum: Bewegung, frische Luft und Espresso trinken (oder Grünen Tee, geht beides).
Wie schaffst du es / Wie hast du es geschafft Dein Üben langfristig zu strukturieren ?
Grundsätzlich ist es so, dass ich immer sehr klar weiß, warum ich übe. Sprich, es ist nicht so, dass ich mich hinsetzte und denke „jetzt müsste ich mal wieder üben“ und dann übe ich fünf Stunden, um die Gitarre dann wieder wegzulegen.
Wenn ich übe, habe ich immer also ein konkretes Ziel vor Augen. Zum Beispiel fit zu werden für eine Studio-Aufnahme. Dieses Ziel ist dann das wichtigste Ziel und gilt für circa zwei bis vier Wochen. Hieran orientiere ich mich dann – wie bei einem Stern am Himmel.
Das große Ziele unterteile ich dann in viele kleinere. Das kann dann zum Beispiel in der ersten Woche sein, den Notentext gut kennenzulernen, in der zweiten Woche bei den Soli sicherer zu werden und dann in der dritten Woche das Gesamte mal anzuschauen.
Die vierte Woche ist dann dafür da, um an den Punkt zu kommen, dass ich das Gefühl hab, am Tag der Studio-Aufnahme bin ich auf meinem Höhepunkt.
Und dafür braucht es übrigens auch Pausen – diese sind sehr wichtig. Sprich, wenn ich von Montag bis Freitag übe und ich weiß, ich hab am Sonntag eine Probe, in der wir das Programm spielen, übe ich am Samstag und Sonntag (bis auf ein kleines Warm-Up) nicht.
Wie hat sich das Üben im Laufe Deiner Musiker-Karriere verändert (vor allem durch die Anwendung der „Üben im Flow“-Technik?
Ich hab die Technik „Üben im Flow“ von Andreas Burzik auf einem Seminar kurz vor dem Abschluss meines Studiums kennengelernt. Mir war schon direkt nach dem ersten Tag bewusst, dass dies bei mir sehr viel verändern wird.
Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits verschiedenen Techniken sehr aufgeschlossen gegenüber und hatte das Buch „Effortless Mastery“ von Kenny Werner und „Der Mozart in uns“ („The Inner Game of Music“) gelesen. Diese „Üben im Flow“ Technik, die Andreas uns damals gezeigt hat, war für mich intuitiv richtig. In dieser Phase habe ich mich angefangen richtig auf so Projekte vorzubereiten. Damals waren wir gerade mit den European Jazz Orchestra auf Tour – hierauf habe ich mich dann im Flow vorbereitet.
Ich muss einfach sagen, dass ich immer noch auf diese Technik zurückgreife, wenn ich etwas üben will, weil ich weiß, dass es dafür sorgt, dass ich es gut kann, dass ich glücklich bin beim Üben und, dass ich vorankomme so schnell es geht. Wobei das Tempo von diesen drei Dingen noch das Unwichtigste ist. „Üben im Flow“ hat mir die Möglichkeit gegeben Ziele zu erreichen auf dem Instrument und den Weg dahin zu genießen. Ich habe irgendwann dann ja auch selbst ein Buch geschrieben („Üben und Spielen im Flow“), welches es in meiner Academy gibt. Hier hab ich versucht meine Tricks zu verraten und passend dazu auch einen Audio-Guide, also ein Hörbuch gemacht, wo ich erzähle, was ich dort mache.
Hast Du eine bestimmte Routine, mit der Du an ein neues Stück herangehst ?
Nein, eigentlich nicht. Die Routine könnte im ersten Schritt sein, dass ich versuche möglichst tief in die Musik einzutauchen. Dass ich als zweites versuche den Notentext möglichst gut zu lernen, also alle Artikulationen erstmal wegzulassen und nur mal „durch die Töne“ zu gehen. Das ist eigentlich schon eine sehr „Flow-gelernte“ Herangehensweise, wo ich mich noch sehr gut erinnern kann, wie Andreas Burzik das damals im Workshop vorgemacht hat. Ich würde also sagen, meine Routine ist im Flow die Sachen zu üben.
Üben sollte ja nicht nur monotones Wiederholen, sondern im besten Fall auch Abwechslung und Kreativität sein. Was war die letzte (neueste) Idee, die Du bei deinem eigenen Üben in letzter Zeit ausprobiert hast ?
Die Sache, die ich in letzter Zeit ausprobiert habe, war wie viel Aufwärmprogramm ich brauche, um über einen gewissen Zeitraum fit zu werden auf dem Instrument. Ich erkläre das mal etwas besser:
Ich finde, dass wir übers Spielen sehr viel wissen – also sehr viel Theorie, Harmonielehre, Substitutionen, Akkorde und so weiter. Aber für mich ist das entscheidende Kriterium, kann ich das was ich im Kopf höre auch wirklich auf dem Instrument umsetzen. Und wenn ich übe, dann ist das eigentlich mein Ziel. Ich möchte so fit sein wie möglich, um das, was ich da höre, umsetzen zu können. Dafür, habe ich nun für mich definiert, reichen eigentlich 20 Minuten pro Tag.
Zwanzig bis dreißig Minuten mit den richtigen Übungen machen mich, wenn ich 10 bis 14 Tage übe, total fit auf meinem Instrument. Das ist eine Sache, die sehr spannend ist. Ich übe dann zwanzig Minuten dieses Programm und den Rest von der Zeit übe ich Stücke, lese (die Stücke) und improvisiere usw.
Das ist für mich eine gute Erkenntnis gewesen: herauszufinden wie viel es für mich braucht (von diesem strukturierten Übeprogramm), damit ich mich fit fühle für die Musik und wie lange es dann dauert, bis ich andere Sachen machen kann.