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Get ready – Mit Körperübungen bereit sein zum Üben

Wann bist du bereit zum Üben? Diese vermeintlich einfache Frage kann einen ganz schön ins Grübeln bringen. Mir begegnete sie, als ich kürzlich das Buch „Üben hilft eben doch“* von Angelika Stockmann las. Mit der Frage wollte sie ihre Leserinnen und Leser darauf aufmerksam machen, dass gutes Üben ebenso von guten Rahmenbedingungen abhängt. Als ich sie im Januar 2023 zum Interview traf, stand diese Frage ganz oben auf meinem Zettel. Ich wollte herausfinden, mit welchen Körperübungen man bereit zum Üben wird.

Los geht es mit Ruhe & Aufmerksamkeit

Jeder weiß in Erschöpfung und Müdigkeit können wir nicht gut üben. Daher zählt ausreichend Schlaf bereits zu den ersten Tipps, um die Rahmenbedingungen des eigenen Übens zu verbessern. Darüber hinaus fördert Schlaf nach dem Üben die nachhaltige Verankerung des Gelernten in unserem Gehirn. Was man jedoch genauso wenig vernachlässigen sollte ist, dass im gegenteiligen Fall, also wenn wir übererregt sind, wir ebenfalls nicht gut üben können.

Zudem ist die Phase der maximalen Konzentrationsfähigkeit bei jedem von uns etwas unterschiedlich (Stichwort „Morgen- und Abendmenschen“ / zirkadianer Rhythmus). Es ist daher von großem Vorteil seine eigene, beste Zeit zum Üben zu kennen. Hier kann es helfen, ein Übetagebuch zu führen, in dem Inhalte, Uhrzeit und Qualität (Wie hat sich das Üben angefühlt? War ich ausgeruht/fit etc.?) der einzelnen Übe-Sessions notiert werden.

Hilft viel auch viel? – Üben als Slow-Food

Als Musiker*innen glauben wir oft ständig üben zu müssen. Wir unterliegen meist dem Irrglauben, dass viel üben auch automatisch viel helfe. Sind wir jedoch gar nicht bereit zum Üben, vergeuden wir wertvolle Zeit in der Übekabine am Smartphone oder lassen uns anderweitig ablenken. Hinzu kommt, dass im Vergleich zu Studierenden anderer Fächer, es Musik-Studierenden schwerer fällt wirklich „Feierabend“ zu machen und Abstand zum Instrument zu gewinnen.

Angelika Stockmann vergleicht das Üben dabei mit Slow-Food. Im Gegensatz zu Fast-Food (Schnellimbiss-Ketten à la McDonalds, BurgerKing & Co.) meint Slow-Food das genussvolle und bewusste Essen. Genauso wie ein gutes Essen aus mehreren, kleinen Gängen besteht, unterteilt sich auch das gute Üben in mehrere kleine Portionen. Analog zu Vor-, Haupt- und Nachspeise ist es zielführend darauf zu achten nicht zu viel des Immergleichen zu üben. Schließlich serviert man ja auch nicht Nudeln in allen drei Gängen.

Üben in kleinen Zeitfenstern

Unsere Konzentrationsfähigkeit ist begrenzt. Eine lange Übe-Session ist daher nicht sehr ratsam. Besser ist es, das Üben in mehrere kleine Einheiten zu unterteilen. Wie lange man maximal Üben kann lässt sich allerdings nur schwer allgemein festlegen. Alleine aus physiologischen Gründen kommen zum Beispiel Sänger*innen und Bläser*innen schneller an ihre körperlichen Belastungsgrenzen. Allerdings dogmatisch das Üben nach 25 Minuten zu unterbrechen, selbst wenn wir gerade im Flow sind, macht ebenso wenig Sinn. Ein Übetagebuch kann auch hier wieder helfen, um seine persönliche Übelänge herauszufinden. Spätestens nach 45 Minuten sollte man aber doch eine Pause einlegen – das haben wir ja bereits in der Schule gelernt.

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Körperübungen zum Entspannen

Atmen

Pro Minute atmen wir Menschen zwischen 16 und 20 Mal (abhängig von Geschlecht und Alter). Das macht mehr als 20.000 Atemzüge pro Tag. Mit bewusster Ein- und Ausatmung gelingt es uns sogar aktiv unseren Blutdruck zu senken. Dazu müssen wir doppelt so lange ausatmen, wie wir einatmen. Thomas Loew von der Universität Regensburg schlägt hierzu die 4711-Regel vor:

4 Schläge Einatmen

7 Schläge Ausatmen

11 Minuten dieses Prinzip anwenden.

Körperübungen zum wach werden

Dehnübungen

Dehnübungen können nicht nur helfen wach zu werden, sie helfen Musiker*innen darüber hinaus auch Muskelverkürzungen vorzubeugen. Einen Zusammenschnitt über sehr viele Dehnübungen zeigte der NDR im letzten Jahr in seiner Sendung Die Bewegungs-Docs“.

Stehende Vorbeuge (Uttanasana)

  • Aufrecht mit geschlossenen Füßen auf dem Boden stehen
  • Mit der Ausatmung nach vorne über die Oberschenkel beugen (Tipp zur Hilfe: anfangs müssen die Knie noch nicht komplett durchgestreckt sein)
  • Die Hände kannst du an den Beinen oder am Boden ablegen. Lasse den Kopf hängen und entspanne besonders Schultern und Nacken.
  • Mit jeder Ausatmung versuchen mehr loszulassen und zu entspannen. Versuche nun deine Knie nach und nach durchzustrecken.
  • Um aus der Haltung herauszukommen, beuge die Knie und komme mit geradem Rücken nach oben. Bringe dabei die Arme über die Seiten hoch.

Die Musikerin und Physiotherapeutin Alexandra Türk-Espitalier hat ein ganzes Buch mit Übungen hierzu verfasst. Auf dem Blog des Schott-Verlags kann man kostenlos ein kleines Best-Of lesen.

Wer schreibt hier eigentlich..?

Musiker | Podcast-Host | Blogger | + posts

Patrick Hinsberger studierte Jazz Trompete bei Matthieu Michel und Bert Joris und schloss sein Studium im Sommer 2020 an der Hochschule der Künste in Bern (Schweiz) ab.
Seit seiner Bachelor-Arbeit beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema musikalisches Üben und hostet seit 2021 den Interview-Podcast "Wie übt eigentlich..?"

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