Üben im Flow | https://what-is-practice.de/tag/ueben-im-flow/ BLOG Wed, 27 Mar 2024 14:33:56 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.6.2 https://what-is-practice.de/wp-content/uploads/2020/06/cropped-logo-wip-bunt-32x32.png Üben im Flow | https://what-is-practice.de/tag/ueben-im-flow/ 32 32 Wie übt eigentlich Max Frankl? https://what-is-practice.de/wie-uebt-eigentlich-max-frankl/ https://what-is-practice.de/wie-uebt-eigentlich-max-frankl/#respond Tue, 16 Mar 2021 08:19:45 +0000 http://what-is-practice.de/?p=3392 Echo-Gewinner Max Frankl ist nicht nur ein hervorragender Gitarrist. Er ist auch ausgewiesener Experte, wenn es um das Üben im Flow geht.

Der Beitrag Wie übt eigentlich Max Frankl? erschien zuerst auf what is practice.

]]>

Meine erste (wenn auch unpersönliche) Begegnung mit Max, war im Rahmen meiner Bachelor-Arbeit. Zum ersten Mal hatte ich etwas von der Technik „Üben im Flow“ gehört – und der Begründer dieser speziellen musikalischen Technik, Andreas Burzik, empfahl mir den in Zürich lebenden Jazz-Gitarristen.

Nach wenigen Klicks landete ich auf seiner Max Frankl Academy, in der er eine eigene Lern-Community für Gitarristen aufgebaut hat. Beginnend bei Harmonielehre bis hin zum perfekten Solo-Aufbau kann man hier alles von ihm erfahren.

Eine absolute Empfehlung an dieser Stelle ist sein E-BOOK „Üben im Flow“, welches ich mir damals auch gekauft habe. Darin beschreibt er die konkrete Anwendung der Flow-Technik im musikalsichen Alltag. Super hilfreich ist auch der passende Audio-Guide dazu.

Max Frankl mit Gitarre

Zu Max‘ musikalischen Stationen zählen unter anderem das Bundesjazz-Orchester (BuJazzO), ein Studium am Conservatorium von Amsterdam, parallel dazu Unterricht bei Wolfgang Muthspiel, Aufnahme ins European Jazz Orchester (als erster deutscher Gitarrist) und ein ECHO-Preis für den besten Gitarristen national.

Wer mehr über Max Frankl erfahren möchte, dem sei an dieser Stelle sein Podcast und seine Webseite sehr empfohlen.

Zum Podcast Guitar Hang-Out

Lieber hören statt lesen?

Die Folge mit Max Frankl lässt sich auf allen bekannten Streaming Plattformen kostenlos anhören:

Das Interview

Vervollständige folgenden Satz: Üben heißt für Dich….

In der Situation, der Musik auf den Grund gehen, die ich wahnsinnig gerne mag und die ich seit mehr als 20 Jahren lieb gewonnen habe.

Eine Situation, die mir Freude macht, aber in die ich auch hineinwachsen musste. Das Spielen von Musik war für mich immer schon eine große Freude – aber das Üben musste ich mir erarbeiten.
Jetzt inzwischen ist es so, dass ich auch so viele andere Sachen mache, dass wenn ich dann üben kann, dann ist das für mich das Highlight des Tages.

Welche Musik (Album / Künstler) läuft bei dir gerade in Dauerschleife ?

Ich höre mir gerade das neue Album von Pat Metheny „From this Place“ an. Das gefällt mir wahnsinnig gut und ist so ein Album, welches bei mir gerade dauernd läuft.

Welche CD hat Dich musikalisch (auf Dein Spiel bezogen) am meisten geprägt ?

Das kann ich so gar nicht sagen. Ich erinnere mich daran, dass ich viele Alben von John Scofield hatte. Zum Beispiel das „Blue Matter“ Album ganz früh. Das hatte ich so circa mit 15 Jahren. Ich hatte einiges von Wolfgang Muthspiel, viel von Pat Metheny und Bill Frisel – das würde ich sagen sind die wichtigsten Einflüsse. Mit Sicherheit auch Kurt Rosenwinkel, der dann ein bisschen später dazukam.

Wie sieht Dein typischer Übe-Alltag aus ?

Mein typischer Übe-Alltag sieht so aus, dass wenn ich mich auf Studio-Aufnahmen oder Gigs vorbereite, ich sehr sehr fokussiert bin. Das heißt, das Üben ist dann die erste und wichtigste Sache am Tag. Davor gibt es gar nichts – da wird kein Handy angeschaltet, da kann mich niemand erreichen, keine Mails und keine Anrufe. Ich bin dann vollkommen fokussiert und arbeite immer 1,5h Stunden. Anschließend mache ich dann eine halbe Stunde Pause, das heißt ich gehe mal kurz raus oder hole mir einen Kaffee.

Die 1,5 Stunden sind sehr intensiv. Hier mache ich immer eine Art „Sprint“. Nach 20 Minuten gibt’s immer mal wieder kleine Pausen, in denen ich kurz aufstehe und mich kurz „schüttle“. Die Gitarre ist auch ein physisch anstrengendes Instrument und da muss man einfach schauen, dass man nicht in eine komische Übehaltung kommt und einem der Rücken wehtut.

Ein sehr typischer Übe-Alltag geht dann von morgens bis mittags, dann gibt es Mittagessen und anschließend mache ich andere Sachen.

Wie gehst du mit Fehlern um?

Für mich ist Fehler gar kein Begriff, den ich richtig fassen kann. Am ehesten ist ein Fehler für mich, dass ich bei einer Aufnahme im Tonstudio einen Ton nicht erwischt habe und es dieses typische „Plop-Geräusch“ macht, welches entsteht, wenn man einen Ton zwar anschlägt, aber nicht richtig gegriffen hat. Auf Studio-Aufnahmen höre ich mir an wie es klingt. Wenn es mich stört, schneide ich es raus, wenn nicht lasse ich es drin. Ansonsten ist es für mich beim Üben so, dass es in dem Sinne eigentlich keine Fehler gibt, sondern es sind einfach Erfahrungen, die ich mache und die ich beobachte.

Ich versuche beim Üben sowieso nie zu werten. Deswegen betrachte ich das auch nicht als Fehler, sondern Sachen, wo ich gesagt bekomme: „Da musst du noch mal ran. Hier muss ich nochmal üben.“

Viele kleine Übe-Einheiten oder lieber ein paar längere am Stück? Und warum?

Wie vorhin schon gesagt, übe ich in 1,5 Stunden Blöcken mit voller Konzentration und dann eine halbe Stunde Pause. Das kann ich zweimal am Tag machen und dann bin ich komplett fit auf dem Instrument und bin auch irgendwie glücklich nach dieser Zeit.

Rastergrafik
Newsletter High Five

Einmal im Monat versende ich einen Übe-Newsletter

Werde Teil der kleinen Newsletter-Community und erfahre einmal im Monat neue Übe-Tipps & wer der nächste, spannende Podcast-Gast sein wird.


Was hilft Dir, nach einem anstrengenden Tag, um am Besten auf andere Gedanken zu kommen?

Auf jeden Fall hilft mir Sport. Auch in die Natur zu gehen. Hier in Zürich gibt es einen wunderschönen See, an den man sich setzen kann. Kurzum: Bewegung, frische Luft und Espresso trinken (oder Grünen Tee, geht beides).

Wie schaffst du es / Wie hast du es geschafft Dein Üben langfristig zu strukturieren ?

Grundsätzlich ist es so, dass ich immer sehr klar weiß, warum ich übe. Sprich, es ist nicht so, dass ich mich hinsetzte und denke „jetzt müsste ich mal wieder üben“ und dann übe ich fünf Stunden, um die Gitarre dann wieder wegzulegen.

Wenn ich übe, habe ich immer also ein konkretes Ziel vor Augen. Zum Beispiel fit zu werden für eine Studio-Aufnahme. Dieses Ziel ist dann das wichtigste Ziel und gilt für circa zwei bis vier Wochen. Hieran orientiere ich mich dann – wie bei einem Stern am Himmel.
Das große Ziele unterteile ich dann in viele kleinere. Das kann dann zum Beispiel in der ersten Woche sein, den Notentext gut kennenzulernen, in der zweiten Woche bei den Soli sicherer zu werden und dann in der dritten Woche das Gesamte mal anzuschauen.
Die vierte Woche ist dann dafür da, um an den Punkt zu kommen, dass ich das Gefühl hab, am Tag der Studio-Aufnahme bin ich auf meinem Höhepunkt.

Und dafür braucht es übrigens auch Pausen – diese sind sehr wichtig. Sprich, wenn ich von Montag bis Freitag übe und ich weiß, ich hab am Sonntag eine Probe, in der wir das Programm spielen, übe ich am Samstag und Sonntag (bis auf ein kleines Warm-Up) nicht.

Wie hat sich das Üben im Laufe Deiner Musiker-Karriere verändert (vor allem durch die Anwendung der „Üben im Flow“-Technik?

Ich hab die Technik „Üben im Flow“ von Andreas Burzik auf einem Seminar kurz vor dem Abschluss meines Studiums kennengelernt. Mir war schon direkt nach dem ersten Tag bewusst, dass dies bei mir sehr viel verändern wird.

Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits verschiedenen Techniken sehr aufgeschlossen gegenüber und hatte das Buch „Effortless Mastery“ von Kenny Werner und „Der Mozart in uns“ („The Inner Game of Music“) gelesen. Diese „Üben im Flow“ Technik, die Andreas uns damals gezeigt hat, war für mich intuitiv richtig. In dieser Phase habe ich mich angefangen richtig auf so Projekte vorzubereiten. Damals waren wir gerade mit den European Jazz Orchestra auf Tour – hierauf habe ich mich dann im Flow vorbereitet.

Ich muss einfach sagen, dass ich immer noch auf diese Technik zurückgreife, wenn ich etwas üben will, weil ich weiß, dass es dafür sorgt, dass ich es gut kann, dass ich glücklich bin beim Üben und, dass ich vorankomme so schnell es geht. Wobei das Tempo von diesen drei Dingen noch das Unwichtigste ist. „Üben im Flow“ hat mir die Möglichkeit gegeben Ziele zu erreichen auf dem Instrument und den Weg dahin zu genießen. Ich habe irgendwann dann ja auch selbst ein Buch geschrieben („Üben und Spielen im Flow“), welches es in meiner Academy gibt. Hier hab ich versucht meine Tricks zu verraten und passend dazu auch einen Audio-Guide, also ein Hörbuch gemacht, wo ich erzähle, was ich dort mache.

„Ich muss einfach sagen, dass ich immer noch auf diese Technik zurückgreife, wenn ich etwas üben will, weil ich weiß, dass es dafür sorgt, dass ich es gut kann, dass ich glücklich bin beim Üben und, dass ich vorankomme so schnell es geht.“

(Max Frankl)

Hast Du eine bestimmte Routine, mit der Du an ein neues Stück herangehst ?

Nein, eigentlich nicht. Die Routine könnte im ersten Schritt sein, dass ich versuche möglichst tief in die Musik einzutauchen. Dass ich als zweites versuche den Notentext möglichst gut zu lernen, also alle Artikulationen erstmal wegzulassen und nur mal „durch die Töne“ zu gehen. Das ist eigentlich schon eine sehr „Flow-gelernte“ Herangehensweise, wo ich mich noch sehr gut erinnern kann, wie Andreas Burzik das damals im Workshop vorgemacht hat. Ich würde also sagen, meine Routine ist im Flow die Sachen zu üben.

Üben sollte ja nicht nur monotones Wiederholen, sondern im besten Fall auch Abwechslung und Kreativität sein. Was war die letzte (neueste) Idee, die Du bei deinem eigenen Üben in letzter Zeit ausprobiert hast ?

Die Sache, die ich in letzter Zeit ausprobiert habe, war wie viel Aufwärmprogramm ich brauche, um über einen gewissen Zeitraum fit zu werden auf dem Instrument. Ich erkläre das mal etwas besser:

Ich finde, dass wir übers Spielen sehr viel wissen – also sehr viel Theorie, Harmonielehre, Substitutionen, Akkorde und so weiter. Aber für mich ist das entscheidende Kriterium, kann ich das was ich im Kopf höre auch wirklich auf dem Instrument umsetzen. Und wenn ich übe, dann ist das eigentlich mein Ziel. Ich möchte so fit sein wie möglich, um das, was ich da höre, umsetzen zu können. Dafür, habe ich nun für mich definiert, reichen eigentlich 20 Minuten pro Tag.

Zwanzig bis dreißig Minuten mit den richtigen Übungen machen mich, wenn ich 10 bis 14 Tage übe, total fit auf meinem Instrument. Das ist eine Sache, die sehr spannend ist. Ich übe dann zwanzig Minuten dieses Programm und den Rest von der Zeit übe ich Stücke, lese (die Stücke) und improvisiere usw.

Das ist für mich eine gute Erkenntnis gewesen: herauszufinden wie viel es für mich braucht (von diesem strukturierten Übeprogramm), damit ich mich fit fühle für die Musik und wie lange es dann dauert, bis ich andere Sachen machen kann.

„Und wenn ich übe, dann ist das eigentlich mein Ziel. Ich möchte so fit sein wie möglich, um das, was ich da höre, umsetzen zu können.“

(Max Frankl)

Der Beitrag Wie übt eigentlich Max Frankl? erschien zuerst auf what is practice.

]]>
https://what-is-practice.de/wie-uebt-eigentlich-max-frankl/feed/ 0
Wie übt eigentlich Stefan Schultze? https://what-is-practice.de/stefan-schultze/ https://what-is-practice.de/stefan-schultze/#respond Tue, 28 Jul 2020 12:38:11 +0000 http://what-is-practice.de/?p=2716 Stefan Schultze zählt sicherlich zu den facettenreichsten und spannendsten Künstlern der deutschen Jazzszene. Und das sowohl als Komponist mit seinem Large Ensemble, als auch als Solo-Künstler. Neben seinen eigenen Projekten arbeitete er unter anderem auch schon mit der WDR-Bigband oder dem Metropole Orchestra zusammen.

Der Beitrag Wie übt eigentlich Stefan Schultze? erschien zuerst auf what is practice.

]]>

Stefan Schultze zählt sicherlich zu den facettenreichsten und spannendsten Künstlern der deutschen Jazzszene. Und das sowohl als Komponist mit seinem Large Ensemble, als auch als Solo-Künstler. Neben seinen eigenen Projekten arbeitete er unter anderem auch schon mit der WDR-Bigband oder dem Metropole Orchestra zusammen. Mehr Infos zu Stefans Biographie gibt’s selbstverständlich auf seiner Homepage: www.stefanschultze.com

Darüber hinaus ist er auch seit einem Jahr als Pädagoge an der Hochschule der Künste in Bern tätig. 

Mich freut es ganz besonders, dass diese Reihe mit Stefan beginnt, da er Mentor meiner Bachelor-Arbeit zum Thema Üben war und auch hier stets mit unglaublich interessanten Ideen aufwarten konnte. Dass mich dieses Thema letztlich so fasziniert hat, dass daraus dieser Blog entstanden ist, ist gewiss daher auch sein Verdienst. 

Das Interview

Vervollständige folgenden Satz: Üben heißt für Dich….

Freiheit erlangen.

Welche CD hat Dich musikalisch (auf Dein Spiel bezogen) am meisten geprägt ?

Ein Album, auf das ich immer wieder zurückkomme ist You Must Believe in Spring (Bill Evans). Ich finde die Soundkultur und das Gefühl der Offenheit sehr inspirierend.

You must believe in Spring Bill EvansYou must believe in Spring

Gibt es ein Buch, welches Deine Übestrategien / Herangehensweise ans Üben nachhaltig beeinflusst oder vielleicht sogar verändert hat ?

Es gibt viele interessante Bücher, nachhaltig beeinflusst beim Üben hat mich jedoch eher der Austausch mit anderen Musiker*innen.

Nicht immer klappt das Planen der Übezeit, so wie man es sich vorstellt. Man muss viel reisen, möchte gerne Zeit für die Familie freihalten oder hat aus anderen Gründen keine Zeit sein volles Übeprogramm zu absolvieren. Hast Du an solchen Tagen eine „Minimal-Routine“, auf die Du dann zurückgreifst ?

Ich hatte eine solche Routine für sehr lange Zeit. Ich hatte diese dann auch so angepasst, dass ich an kurz- und langfristigen Zielen arbeiten kann. Vor allem hatte ich mich dort auf Basics konzentriert. 

Manchmal gibt es aber auch Tage, an denen einfach nichts ansteht und man Zeit und Lust zum Üben hat. Kannst Du beschreiben, wie ein solcher Tag dann bei dir aussieht?

Wenn ich alleine an Dingen arbeite, entstehen oft Wechsel von verschiedenen Beschäftigungsbereichen, die in meinem Falle auch oft mit dem Material zu tun haben, das ich zu dem Zeitpunkt gerade komponiere und dass ich dann versuche auf die verschiedenen anderen Bereiche auszudehnen um mich möglichst umfangreich einem bestimmten Thema anzunähern.

„Üben heißt für mich Freiheit erlangen.“

(Stefan Schultze)

Wie gehst du mit Fehlern um ?

Ganz global versuche ich Fehler untersuchend zu verstehen. Je nachdem in welchem Übe-Kontext man sich befindet kann ein Fehler wirklich ein Fehler sein, den man eliminieren möchte / muss, um ein Ziel zu erreichen. In dem Falle versuche ich einen Weg dafür zu finden. Manchmal kann es aber auch einen überraschenden / positiven Impuls geben, wenn etwas passiert, was man selbst so nicht geplant hatte. Da versuche ich mir die nötige Offenheit zu bewahren.

Viele kleine Übe-Einheiten oder lieber ein paar längere am Stück ? Und warum ?

Ich übe oft in 45 – 60 minütigen Einheiten. Wenn ich jedoch in einen Fluss dabei komme und feststelle, dass dies eine sehr gute Energie erzeugt, lasse ich es laufen. Oder anders herum, manchmal warte ich genau auf solch einen Fluss. Dieser ist auch extrem wichtig für das Komponieren, das natürlich bei mir als Komponist auch einen großen Teil meiner Zeit einnimmt.

Übst Du Gehörbildung, Harmonielehre oder Rhythmik noch gesondert in Deiner Überoutine ? Oder falls nicht, wie schaffst Du es, bewusst diese Bereiche in Dein Üben einzubauen ?

Ja, ich versuche immer Themen zu finden, die ich gesondert üben kann.

„Grundsätzlich würde ich vielleicht gar nicht ans Üben denken, sondern ans Musizieren.“

(Stefan Schultze)

An manchen Tagen will einfach mal nichts so gelingen, wie man es gerne möchte. Womit schaffst Du es auf andere Gedanken zu kommen ? 

In solch einem Fall ist es für mich am besten, mich von dem Prozess eine Weile zu „entfernen“, so dass der Geist loslassen kann.  Freunde treffen / Sport machen etc…

Wie hat sich das Üben im Laufe Deiner Musiker-Karriere verändert ?

Es ist weniger fest geworden. Jede Beschäftigung mit Musik kann für mich einen sinnvollen Übecharakter haben. Grundsätzlich würde ich vielleicht gar nicht ans Üben denken, sondern ans Musizieren, beziehungsweise an die Beschäftigung mit Musik durch verschiedene Formen. Für mich öffnet sich dann ein etwas weiterer Raum, eine Art Musizierzeit, zu der dann auch das aktive Hören, Lesen, Komponieren, Improvisieren, Musikmachen in der Gruppe etc. dazuzählt.

Hast Du eine bestimmt Routine, mit der Du an ein neues Stück, das Du gerne lernen möchtest, herangehst ?

Ich habe keine feste Routine aber ich finde es gut mit einer Aufnahme zu starten und dann verschiedene Blickwinkel / Methoden wählen und einkreisend an das Thema heranzugehen.

Üben sollte ja nicht nur monotones Wiederholen, sondern im besten Fall auch Abwechslung und Kreativität sein. Was war die letzte (neueste) Idee, die Du bei deinem eigenen Üben in letzter Zeit ausprobiert hast ?

In letzter Zeit habe ich – vor allem, weil ich aufgrund von COVID19 weniger in meinem Proberaum war, vermehrt den Computer beim Üben eingesetzt und verschiedene Programme dazu ausprobiert. Besonders das Auswerten der Midi-Daten beim Üben kann sehr aufschlussreich sein und man kann im Vergleich zu Audio-Aufnahmen, sehr detailliert an verschiedenen Dingen arbeiten, besonders weil man Nachhinein die Daten ändern kann.

Hast Du einen bewusst gewählten freien Tag in der Woche ? Wie leicht fällt es Dir guten Gewissens diesen Tag auch wirklich frei zu halten ?

Nein.

Early Bird oder lieber spät am Abend üben ?

Early Bird.

Welchen Tipp würdest Du Deinem jüngerem, Erstsemester-Musikstudenten-Ich gerne mitgeben, um den Du damals froh gewesen wärst ?

Tauscht euch mit euren Kommiliton_innen über den Übeprozess aus. Man sollte als junger Studierender keine Scheu haben, anderen zu erzählen, was man übt. Alle üben und lernen immer weiter und jeder muss seinen eigenen / individuellen Prozess finden.


Euch gefällt, was Ihr hier ließt ?

Dieser Blog ist entstanden aus meiner Bachelor-Arbeit an der Hochschule der Künste in Bern und trägt sich leider noch nicht selbst. Ich freue mich also über jede einzelne, kleine Unterstützung.

Der Beitrag Wie übt eigentlich Stefan Schultze? erschien zuerst auf what is practice.

]]>
https://what-is-practice.de/stefan-schultze/feed/ 0
Wie geht Üben im Flow? https://what-is-practice.de/ueben-im-flow/ https://what-is-practice.de/ueben-im-flow/#respond Tue, 14 Jul 2020 18:00:31 +0000 http://what-is-practice.de/?p=2682 Völlig in der Tätigkeit versunken vergessen wir alles um uns herum. Wir sind im Flow. Wie kann man das beim Üben erreichen. Wie geht Üben im Flow?

Der Beitrag Wie geht Üben im Flow? erschien zuerst auf what is practice.

]]>

Was ist Flow?

Wir alle kennen dieses Gefühl. Ob beim Sport, beim Lesen eines guten Buches, während eines anregenden Gespräches oder eben während des Übens. Völlig in der Tätigkeit versunken vergessen wir die Zeit und all das, was um uns herum gerade geschieht. Wir sind im Flow.

Dieser inzwischen ziemlich in Mode gekommene Begriff beschreibt die tiefe Versunkenheit in eine Aufgabe, bei der man scheinbar in einen trance-ähnlichen Zustand gerät und selbst schwierige Aufgaben weniger anstrengend ablaufen.[1]

„Flow is the way people describe their state of mind when consciousness is harmoniously ordered, and they want to pursue whatever they are doing for its own sake.”[2]

(Mihaly Csikszentmihalyi)

Geprägt wurde der Begriff besonders durch den amerikanischen Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi, der Anfang der 1970er dieses Phänomen beschrieb, als er versuchte Glück zu erforschen. Sein Buch (übrigens eine absolute Leseempfehlung) versteht sich allerdings nicht als eine Handreichung für ein glücklicheres Leben, sondern eher als Beschreibung in welchen Bereichen Flow erfahren werden kann. Darunter auch die Musik.

Um in besagten Zustand von „optimal experience“, wie ihn Csikszentmihalyi oftmals umschreibt zu gelangen, bedarf es sieben Komponenten. Wobei die ersten drei als notwendige Voraussetzung gelten, um diesen Zustand zu erleben. Die übrigen vier sind lediglich fakultativ und beschreiben die subjektiven Empfindungen während des Flows.

7 Tipps, um in den Flow zu kommen

Notwendig

  1. Klarheit der Ziele
  2. Konzentration auf ein begrenztes Feld
  3. Das Verhältnis von Anforderungen und Fähigkeiten

Fakultativ

  1. Das Gefühl von Kontrolle
  2. Die Mühelosigkeit des Handlungsablaufs
  3. Die Veränderung des Zeiterlebens
  4. Das Verschmelzen von Handlung und Bewusstsein

Wie geht Üben im Flow?

Nun stellt sich natürlich die Frage, wie man einen derart paradiesischen Zustand beim Üben erreichen kann? Der Musiker und Diplom Psychologe Andreas Burzik beschäftigte sich eingehend mit Csikszentmihalyis Erkenntnissen und versuchte sie auf das musikalische Üben zu übertragen. Hierfür definierte er vier Prinzipien, um diesen Zustand beim Üben zu erleben. 

Üben im Flow wird demnach vor allem durch eine optimale und effektive Kraftübertragung vom Körper auf das Instrument, eine Fokussierung auf den eigenen Klang, das Gefühl von Anstrengungslosigkeit sowie den spielerischen Umgang mit dem Übematerial erreicht.[4] 

Die Dominanz sinnlicher Wahrnehmungen in dieser Auflistung (Kontakt zum Instrument und Klang) macht deutlich, dass diese Übetechnik besonders unsere Körperwahrnehmung fordert. Ziel ist es, sich ganz auf das Instrument einzulassen. Sich im wahrsten Sinne des Wortes mit ihm verbunden zu fühlen und dabei ganz auf den produzierten Klang einzugehen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit – erinnert man sich selbst allerdings an das eigene Üben, so verliert man sich tendenziell eher im Notenbild einer schwierigen Passage als im eigenen Klang. Gerade aber für intonierende Instrumente kann dies besonders hilfreich sein (Stichwort Obertöne). 

Passives Gehirn, aktiver Körper

Die allgemeinen, kognitiven Aspekte des Übens (Ziele festlegen, Definition des Verhältnisses von Anforderung und Fähigkeit – vielleicht kann Dir hier die Pomodoro-Technik helfen?) müssen demnach vor der jeweiligen Übeeinheit erfolgen. Obwohl es bis heute noch keine explizite neurophysiologische Flow-Forschung gibt, so scheinen sich diese Erkenntnisse jedoch mit Ergebnissen aus dem Elektroenzephalogramm (EEG) zu decken. Hier stellte man Theta-Wellen-Aktivität, die sonst nur in Trance- oder Meditationszuständen und beim Dösen im Schlaf messbar sind, auch in Situationen extremer Aufmerksamkeit fest. Der Neurophysiologe Wolfgang Larbig deutete dieses Paradoxon mit einer Art Mikroschlaf der nicht benötigten Hirnareale – oder verkürzt ausgedrückt: „[…]passives Gehirn, aktiver Körper.“[5].

Üben im Flow in der Jazz-Improvisation

Tatsächlich lässt sich diese Art von Mikroschlaf bestimmter Hirnregionen auch im Bereich der Jazz-Improvisation feststellen. Wie eine Studie von Charles Limb und Allan Braun nahelegt, wird der dorsolaterale präfrontale Cortex (DLPFC) während der Improvisation weitgehend zugunsten des medialen präfrontalen Cortex (MPFC) deaktiviert.[6] Der DLPFC ist unter anderem das Arbeitsgedächtnis unseres Gehirns und ebenso verantwortlich für Planung als auch für die Entwicklung von Hemmungen. Improvisation, oder stark vereinfacht ein „spielerischer Umgang mit dem Übematerial“ führt offensichtlich also unweigerlich zu einem tranceähnlichen Zustand in unserem Gehirn.[7]

Selbstverständlich reicht diese Tatsache alleine noch nicht aus, um beim Üben den Zustand des Flows zu erleben. Mindestens die Punkte eins bis drei der sieben Komponenten fehlen noch. Eine konkrete Auseinandersetzung mit der Frage „Was soll gelernt werden?“ bleibt einem also weiterhin nicht erspart. Nicht nur bei der Flow-Methode, sondern auch ganz allgemein, ist es also unabdingbar eine persönliche Übestrategie und –plan zu entwerfen, der einem hilft die persönlichen Ziele zu erreichen. 


Quellen

[1] vgl.: Burzik, Andreas: Üben im Flow. Eine ganzheitliche, körperorientierte Übemethode, in: Mahlert, Handbuch Üben, S. 265-286, hier: S. 265.

[2] Csikszentmihalyi, Mihaly: Flow. The Psychology of Optimal Experieince, New York 1991, S. 6.

[3] vgl.: Burzik, Üben im Flow, S. 265-268.

[4] vgl.: Burzik, Üben im Flow, S. 273-276.

[5] Bongartz, Walter; Luczak, Hania; Warter, Stefan: Hypnose. Die Macht des verborgenen Ich, in: GEO 2 (1995), S. 16-36, hier: S. 33.

[6] Braun, Neural Substrates of Spontaneous Musical Performance.

[7] An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Studie von Limb und Braun auch vielfach kritisiert wurde, da sie aufgrund der geringen Teilnehmerzahl von sechs Pianisten nicht repräsentativ genug sei.

Der Beitrag Wie geht Üben im Flow? erschien zuerst auf what is practice.

]]>
https://what-is-practice.de/ueben-im-flow/feed/ 0