Schüler | https://what-is-practice.de/tag/schueler/ BLOG Fri, 28 Jul 2023 22:33:54 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.6.2 https://what-is-practice.de/wp-content/uploads/2020/06/cropped-logo-wip-bunt-32x32.png Schüler | https://what-is-practice.de/tag/schueler/ 32 32 Wie geht Üben im Flow? https://what-is-practice.de/ueben-im-flow/ https://what-is-practice.de/ueben-im-flow/#respond Tue, 14 Jul 2020 18:00:31 +0000 http://what-is-practice.de/?p=2682 Völlig in der Tätigkeit versunken vergessen wir alles um uns herum. Wir sind im Flow. Wie kann man das beim Üben erreichen. Wie geht Üben im Flow?

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Was ist Flow?

Wir alle kennen dieses Gefühl. Ob beim Sport, beim Lesen eines guten Buches, während eines anregenden Gespräches oder eben während des Übens. Völlig in der Tätigkeit versunken vergessen wir die Zeit und all das, was um uns herum gerade geschieht. Wir sind im Flow.

Dieser inzwischen ziemlich in Mode gekommene Begriff beschreibt die tiefe Versunkenheit in eine Aufgabe, bei der man scheinbar in einen trance-ähnlichen Zustand gerät und selbst schwierige Aufgaben weniger anstrengend ablaufen.[1]

„Flow is the way people describe their state of mind when consciousness is harmoniously ordered, and they want to pursue whatever they are doing for its own sake.”[2]

(Mihaly Csikszentmihalyi)

Geprägt wurde der Begriff besonders durch den amerikanischen Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi, der Anfang der 1970er dieses Phänomen beschrieb, als er versuchte Glück zu erforschen. Sein Buch (übrigens eine absolute Leseempfehlung) versteht sich allerdings nicht als eine Handreichung für ein glücklicheres Leben, sondern eher als Beschreibung in welchen Bereichen Flow erfahren werden kann. Darunter auch die Musik.

Um in besagten Zustand von „optimal experience“, wie ihn Csikszentmihalyi oftmals umschreibt zu gelangen, bedarf es sieben Komponenten. Wobei die ersten drei als notwendige Voraussetzung gelten, um diesen Zustand zu erleben. Die übrigen vier sind lediglich fakultativ und beschreiben die subjektiven Empfindungen während des Flows.

7 Tipps, um in den Flow zu kommen

Notwendig

  1. Klarheit der Ziele
  2. Konzentration auf ein begrenztes Feld
  3. Das Verhältnis von Anforderungen und Fähigkeiten

Fakultativ

  1. Das Gefühl von Kontrolle
  2. Die Mühelosigkeit des Handlungsablaufs
  3. Die Veränderung des Zeiterlebens
  4. Das Verschmelzen von Handlung und Bewusstsein

Wie geht Üben im Flow?

Nun stellt sich natürlich die Frage, wie man einen derart paradiesischen Zustand beim Üben erreichen kann? Der Musiker und Diplom Psychologe Andreas Burzik beschäftigte sich eingehend mit Csikszentmihalyis Erkenntnissen und versuchte sie auf das musikalische Üben zu übertragen. Hierfür definierte er vier Prinzipien, um diesen Zustand beim Üben zu erleben. 

Üben im Flow wird demnach vor allem durch eine optimale und effektive Kraftübertragung vom Körper auf das Instrument, eine Fokussierung auf den eigenen Klang, das Gefühl von Anstrengungslosigkeit sowie den spielerischen Umgang mit dem Übematerial erreicht.[4] 

Die Dominanz sinnlicher Wahrnehmungen in dieser Auflistung (Kontakt zum Instrument und Klang) macht deutlich, dass diese Übetechnik besonders unsere Körperwahrnehmung fordert. Ziel ist es, sich ganz auf das Instrument einzulassen. Sich im wahrsten Sinne des Wortes mit ihm verbunden zu fühlen und dabei ganz auf den produzierten Klang einzugehen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit – erinnert man sich selbst allerdings an das eigene Üben, so verliert man sich tendenziell eher im Notenbild einer schwierigen Passage als im eigenen Klang. Gerade aber für intonierende Instrumente kann dies besonders hilfreich sein (Stichwort Obertöne). 

Passives Gehirn, aktiver Körper

Die allgemeinen, kognitiven Aspekte des Übens (Ziele festlegen, Definition des Verhältnisses von Anforderung und Fähigkeit – vielleicht kann Dir hier die Pomodoro-Technik helfen?) müssen demnach vor der jeweiligen Übeeinheit erfolgen. Obwohl es bis heute noch keine explizite neurophysiologische Flow-Forschung gibt, so scheinen sich diese Erkenntnisse jedoch mit Ergebnissen aus dem Elektroenzephalogramm (EEG) zu decken. Hier stellte man Theta-Wellen-Aktivität, die sonst nur in Trance- oder Meditationszuständen und beim Dösen im Schlaf messbar sind, auch in Situationen extremer Aufmerksamkeit fest. Der Neurophysiologe Wolfgang Larbig deutete dieses Paradoxon mit einer Art Mikroschlaf der nicht benötigten Hirnareale – oder verkürzt ausgedrückt: „[…]passives Gehirn, aktiver Körper.“[5].

Üben im Flow in der Jazz-Improvisation

Tatsächlich lässt sich diese Art von Mikroschlaf bestimmter Hirnregionen auch im Bereich der Jazz-Improvisation feststellen. Wie eine Studie von Charles Limb und Allan Braun nahelegt, wird der dorsolaterale präfrontale Cortex (DLPFC) während der Improvisation weitgehend zugunsten des medialen präfrontalen Cortex (MPFC) deaktiviert.[6] Der DLPFC ist unter anderem das Arbeitsgedächtnis unseres Gehirns und ebenso verantwortlich für Planung als auch für die Entwicklung von Hemmungen. Improvisation, oder stark vereinfacht ein „spielerischer Umgang mit dem Übematerial“ führt offensichtlich also unweigerlich zu einem tranceähnlichen Zustand in unserem Gehirn.[7]

Selbstverständlich reicht diese Tatsache alleine noch nicht aus, um beim Üben den Zustand des Flows zu erleben. Mindestens die Punkte eins bis drei der sieben Komponenten fehlen noch. Eine konkrete Auseinandersetzung mit der Frage „Was soll gelernt werden?“ bleibt einem also weiterhin nicht erspart. Nicht nur bei der Flow-Methode, sondern auch ganz allgemein, ist es also unabdingbar eine persönliche Übestrategie und –plan zu entwerfen, der einem hilft die persönlichen Ziele zu erreichen. 


Quellen

[1] vgl.: Burzik, Andreas: Üben im Flow. Eine ganzheitliche, körperorientierte Übemethode, in: Mahlert, Handbuch Üben, S. 265-286, hier: S. 265.

[2] Csikszentmihalyi, Mihaly: Flow. The Psychology of Optimal Experieince, New York 1991, S. 6.

[3] vgl.: Burzik, Üben im Flow, S. 265-268.

[4] vgl.: Burzik, Üben im Flow, S. 273-276.

[5] Bongartz, Walter; Luczak, Hania; Warter, Stefan: Hypnose. Die Macht des verborgenen Ich, in: GEO 2 (1995), S. 16-36, hier: S. 33.

[6] Braun, Neural Substrates of Spontaneous Musical Performance.

[7] An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Studie von Limb und Braun auch vielfach kritisiert wurde, da sie aufgrund der geringen Teilnehmerzahl von sechs Pianisten nicht repräsentativ genug sei.

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Sommerferien: Pause vom Instrument oder einfach weiterüben ? https://what-is-practice.de/sommerferien-pause-vom-instrument-oder-einfach-weiterueben/ https://what-is-practice.de/sommerferien-pause-vom-instrument-oder-einfach-weiterueben/#respond Wed, 01 Jul 2020 15:52:21 +0000 http://what-is-practice.de/?p=2660 Dieser Artikel erschien bereits zum ersten Mal im Jahr 2020 und wurde nun erneut überarbeitet. Eigentlich herrscht in der Zeit vor den „großen Ferien“ (den Sommer- oder den Semesterferien) immer eine ganz besondere Stimmung. Ein bisschen wie vor Weihnachten. Alle fiebern kollektiv dem gleichen Ereignis entgegen. Im Schatten der anstehenden Erlösung motivieren sich wie von… Weiterlesen »Sommerferien: Pause vom Instrument oder einfach weiterüben ?

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Dieser Artikel erschien bereits zum ersten Mal im Jahr 2020 und wurde nun erneut überarbeitet.

Eigentlich herrscht in der Zeit vor den „großen Ferien“ (den Sommer- oder den Semesterferien) immer eine ganz besondere Stimmung. Ein bisschen wie vor Weihnachten. Alle fiebern kollektiv dem gleichen Ereignis entgegen. Im Schatten der anstehenden Erlösung motivieren sich wie von Zauberhand nochmals letzte Kräfte, ehe man sich dann in die wohlverdiente Auszeit verabschiedet. 

Dieses Jahr ist das nicht anders. Nun starten langsam aber sicher auch die letzten Bundesländer in die Sommerferien und auch die Musikhochschulen in Deutschland befinden sich in den letzten Zügen des Sommersemesters. Vor allem als Schüler*in kommt da die Frage auf: Sollte man das Instrument nun also sechs Wochen im Koffer lassen?

Wie musikalisch verbringt ihr eure Sommerferien?

Pause vom Instrument ?

Sicher kennen viele die Studie von Anders Ericsson (basierend auf dem Buch von Malcom Gladwell), aus der im Jahr 2008 die berühmte 10.000 Stunden Regel entstanden ist. Demnach sollte ebendiese Anzahl an Übezeit ausreichen, um eine Tätigkeit zu meistern. Bis man diese zusammenbekommt können gut und gerne ein paar Jahre vergehen, also besser keine Zeit verlieren und weitermachen?!

Natürlich wissen wir heute, fünfzehn Jahre später, dass nicht allein die Zeit ausschlaggebend ist, sondern vor allen Dingen die Qualität des Übens. Im Englischen spricht man oft von „deliberate practice“ und meint damit, dass ein stumpfsinniges Auf- und Abspielen von Skalen beispielsweise nichts bringt, solange man nicht voll und ganz bei der Sache ist. (Im Podcast-Gespräch mit Prof. Dr. Eckart Altenmüller sprechen wir ebenfalls über diese Studie.)

Wie baue ich eine Routine beim Üben auf ?

Man könnten nun also folgern, dass Üben nur dann wirklich sinnvoll ist, wenn man sich für seine Übeeinheit ein konkretes Ziel und eine Zeitvorgabe gesetzt hat (Schon mal was von der Pomodoro-Technik gehört?). Die Stunden, die man auf diese Art und Weise ansammelt, kann man sich dann guten Gewissens auf sein 10.000 Stunden Konto gutschreiben. Denn natürlich hilft uns Üben dabei, auf unserem Instrument besser zu werden. 

Die wohl entschiedenste Eigenschaft beim Aufbau einer Routine ist daher sicher Disziplin. Auch hier hat der englische Sprachraum ein schönes Wort gefunden: Self-Regulation. Damit ist das Vertrauen gemeint, dass man sein eigenes Verhalten kontrollieren kann. Wenn man es sehr alltagssprachlich herunterbrechen möchte, könnten man auch sagen: Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.

In der Studie von Joanne Rojas und Gregory Springer wurde gezeigt, dass sich diese self-regulation (um einen Übeplan einzuhalten) in drei Faktoren aufschlüsseln lässt:

  • Übetage pro Woche
  • Übezeit pro Tag
  • sowie unser Alter.

Denn selbstverständlich sieht man sich ständig mit inneren Widerständen konfrontiert, um nun doch nicht mit dem Üben beginnen zu müssen. Je höher die oben genannten Faktoren sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man auch in „schwierigen“ Situationen am Ball bleibt und weiter übt. Oft spricht man auch davon, dass es circa dreißig Tage braucht um eine Gewohnheit (Routine) zu etablieren. 

Üben ist wie Pflanzen gießen

Damit unser Üben nun also langfristig erfolgreich ist, führt kein Weg an einer Regelmäßigkeit vorbei. Je höher diese ist, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass wir an ihr festhalten. Man könnte sich das Üben also wie das Gießen einer Pflanze vorstellen. Diese braucht ebenfalls regelmäßig Wasser, damit sie weiter wachsen kann. Ohne Wasser kein Wachstum. In unserem Gehirn funktioniert das ähnlich, da wir ohne regelmäßiges Üben die Fähigkeit bestimmte Dingen spielen zu können wieder vergessen. Machen wir nun also die sechs Wochen Sommerferien durchgehend „übefrei“, werden wir in den ersten Wochen des neuen Schuljahrs viel Zeit darauf verlieren, alte Dinge, die wir bereits mal konnten, wieder aufzufrischen. 

Das soll natürlich nicht heißen, dass wir nie einen Tag frei machen dürfen. Im Gegenteil. Unser Gehirn freut sich gewiss über einen Tag Urlaub pro Woche, sofern wir sonst unsere Routine einhalten. 

Es lohnt sich also möglicherweise einen kleinen „Ferienplan“ mit Dingen zu schreiben, die man während dieser Zeit auf dem Instrument erreichen / beibehalten möchte. Diese kann man dann bequem auf die kommenden Wochen verteilen.

Mäßig (von „in Maßen“), aber regelmäßig“ – könnte also unser Ferienmotto werden.

Quellen:
Rojas, Joanne; Springer Gregory: An Exploratory Study of Musician’s Self-Efficacy to Maintain Practice Schedules, in: Bulletin of the Council for Research in Music Education, Nr. 199 (2014).

Schindlegger, Norbert: Werde dein Lehrer. Die Methode zum erfolgreichen Üben und Musizieren, Leipzig 2015.

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