Schlagzeug | https://what-is-practice.de/tag/schlagzeug/ BLOG Mon, 29 Apr 2024 07:39:44 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.6.2 https://what-is-practice.de/wp-content/uploads/2020/06/cropped-logo-wip-bunt-32x32.png Schlagzeug | https://what-is-practice.de/tag/schlagzeug/ 32 32 Wie übt man effektiv, Benny Greb? https://what-is-practice.de/effektiv-ueben-benny-greb/ https://what-is-practice.de/effektiv-ueben-benny-greb/#respond Mon, 29 Apr 2024 07:37:58 +0000 https://what-is-practice.de/?p=6504 Benny Greb gehört sicher zu den renommiertesten Drummern weltweit. Ob als Sideman - von zum Beispiel Mark Forster und Thomas D. Auch als Experte für Schlagzeug-Technik und Effektives Üben hat er sich inzwischen einen Namen gemacht. Genau darüber habe ich mit ihm gesprochen.

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Effektiv Üben – Tipps & Methoden

Benny Greb gehört sicher zu den renommiertesten Drummern weltweit. Ob als Sideman – von zum Beispiel Mark Forster und Thomas D. oder mit seinen eigenen Projekten ist er ein gern gesehener Gast auf Bühnen und Festivals rund um den Globus. Gerade bereitet er sich wieder auf Konzerte mit der Buddy Rich Bigband in London vor. 

Auch als Experte für Schlagzeug-Technik und Effektives Üben hat er sich inzwischen einen Namen gemacht. Genau darüber habe ich mit ihm gesprochen. Wir haben wichtige Voraussetzungen für gutes Üben diskutiert und Benny hat Tools und Methoden verraten, wie er an den Drums arbeitet. Die Inhalte sind aber natürlich auf allen Instrumenten anwendbar – also keine Angst, liebe Nicht-Schlagzeuger!

Mehr Infos über Benny Greb

Benny Greb (Foto © Gerhard Kühne)

Literatur Tipps

Effective Practicing for Musicians

Benny Buch gibt einen umfassenden Blick in das Thema „effektiv Üben“. Dabei lässt er so gut wie keine Frage unbeantwortet. Ob von der Gestaltung eurer Übe-Umgebung bis hin zur Erstellung eines 3-Monats Übe-Plan werdet ihr in diesem Buch viele spannende Aspekte entdecken. Sowohl als Profi als auch als Laie ein wichtiges Buch, um beim Üben wertvolle Zeit zu sparen und effektiv arbeiten zu können. Natürlich richtet sich das Buch an alle Instrumentalist:innen und nicht nur an Schlagzeuger:innen.

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Das Interview mit Benny Greb

Inhalt

Die erste Frage, mit der es immer losgeht, lautet: Vervollständige folgenden Satz. Üben heißt für dich?

Üben heißt für mich, meinen Output anzugucken, zu bewerten und anschließend Veränderungen vorzunehmen. Hoffentlich basierend auf meiner Realisation, was da so passiert ist und dann diese Kurskorrektur hoffentlich in meinem Spiel und in zukünftigen Sessions zu manifestieren.

Es wird oft gesagt, dass Fortschritt von viel Erfahrung kommt. Das ist meiner Ansicht nach ein Irrglaube. Er kommt von vielen Realisationen und von vielen Kurskorrekturen.

Das waren jetzt sehr viele interessante Aspekte, die wir im Laufe des Gesprächs nochmal tiefer besprechen werden. Gibt es aktuell eine Musik, ein Album oder einen Künstler, der bei dir in Dauerschleife läuft?

Ich wurde wieder eingeladen mit der Buddy Rich Big Band in London zu spielen und deswegen höre ich mir gerade oft diese Songs an. Aber das ist eher Vorbereitung.

Gibt es auf deine musikalische Karriere bezogen ein Spieler oder auch eine Spielerin, die dich sehr geprägt hat?

Ja, da gibt es natürlich viele. Aber ich würde jetzt einfach mal Steve Gadd oder Dave Weckl erwähnen.

Entweder-Oder-Fragen

Zum Warmwerden habe ich mir ein paar Entweder-oder-Fragen überlegt, um dich den Zuhörerinnen und Zuhörern vorzustellen, die dich noch nicht so gut kennen: Ghostbusters, das Original, Ghostbusters Frozen Empire?

Natürlich das Original von 1984.

Bayern oder Hamburg?

Beides. In Bayern leben meine Eltern und es ist meine Heimat sozusagen. Hamburg, weil ich hier schon seit über 25 Jahren lebe und das mein Zuhause ist.

Ist das dein Joker bei den Entweder-oder-Fragen?

Ich bin immer völlig outlaw-mäßig bei diesen Fragen. Ich muss dich vorwarnen.

Wir lassen das mal so stehen. Spielen oder Üben im Sinne von „Playing“ oder „Practicing“, wie du es in deinem Buch beschrieben hast.

Beides. Hauptsache man trennt es und lässt es sich nicht gegenseitig kaputt machen.

Clinics halten oder selbst Konzerte spielen?

Ich bin kein guter Kandidat für diese Entweder-oder-Fragen. Ich liebe beides und könnte mich da nicht entscheiden. Ich habe immer wieder Zeiten, in denen ich das eine mehr mache als das andere. Es ist wie bei einem Pendel, das hin und her geht.

Es sind auch schwierige Fragen. Kommen wir zur Letzten: Struktur oder Chaos?

Auch beides. Das Chaos hat eine enorme schöpferische Qualität. Struktur ist wichtig, um das zu bündeln. Das wäre, wie wenn man sagen würde „Ein Wildbach oder Laserkater“. Es ist eben beides toll und es kommt darauf an, was man damit machen will.

Das Problem ist, wenn Leute eins dem anderen vorziehen wollen und sagen, sie müssten sich entscheiden und dann die Qualitäten von dem einen in dem anderen haben wollen. Das geht nicht. Das eine ist das eine, das andere ist das andere. Und beides ist wunderschön – wenn man es richtig einsetzt.

„Aber was gleich bleibt ist, dass ich mein Üben immer in Spielen und Üben aufteile.“

Benny Greb

Bennys Übe-Alltag

Wir wollen heute vor allen Dingen übers Üben sprechen und uns anschauen, wie sich deine Übe-Karriere über die Jahre entwickelt hat. Kannst du uns mal in einen typischen Übe-Alltag mitnehmen?

Die Zeiten, wie lang ich am Tag oder in der Woche übe, müssen leider variieren, je nachdem, was ich mache und je nachdem, was familiär los ist (oder ob ich auf Tour bin oder ob ich gerade ein Seminar halte). Aber was gleich bleibt ist, dass ich mein Üben immer in Spielen und Üben aufteile. Dass ich, wenn ich übe, immer ein paar Tools dabei habe, die mir ganz wichtig sind und, die mir helfen.

Was sind das für Tools?

Also zum Beispiel ein Timer oder mein Journal. Ich führe wirklich Buch. Das klingt unromantischer als es ist. Und ich brauche auf jeden Fall entweder mein Handy oder einen Zoom Recorder. Irgendwas, um ein Vorher-Nachher Recording aufzunehmen.

Daneben nutze ich auch ein paar interne Tools. Egal ob ich jetzt am Pad spiele oder mir im Bus etwas überlege, mental übe oder, ob ich wirklich an meinem Instrument bin. Das sind Mechanismen, die mir gut dienen. Insofern ist es gar nicht so wichtig, wie lange ich übe. Ich habe gemerkt, dass es für mich wichtiger ist, wie ich übe. Und das macht dann das Üben effektiv, egal wo und wie lange.

Du hast am Anfang, auf die erste Frage, schon viele von diesen Punkten angeschnitten. Ich habe das für mich unter „Reflexion“ und „Veränderung“ zusammengefasst. Ist das eine Art und Weise zu üben, die dir so einfach naheliegt und immer schon so war oder ist das etwas, was du dir über die Jahre hart erarbeiten musstest?

Nein, das war definitiv anders am Anfang. Ich habe als Autodidakt angefangen und es war sehr chaotisch. Ich musste eigentlich die Struktur später mit reinnehmen, weil ich gemerkt habe, dass mir sonst ein paar gute Sachen verloren gehen. Ich habe gemerkt, dass ich ganz oft etwas anderes geübt habe und dadurch diesen Aufbaueffekt nicht hatte. Ich hatte dadurch keinen Überblick.

Ich wollte dann zum Beispiel etwas ausprobieren und wusste gar nicht, ob es in meinem Repertoire überhaupt drin ist. Ich wusste zwar, es kommt mir irgendwie bekannt vor, aber es hatte immer so ein „schauen wir mal“- Gefühl. Und das hat mich ganz schön frustriert, weil es zu etwas noch Schlimmerem führt: nämlich, dass man immer vorsichtiger wird und immer konservativer spielt.

Wenn man nicht aufpasst, kommt man dann nicht mehr raus. Und ich habe gemerkt, desto weniger Zeit ich zum Üben hatte, desto effizienter musste ich üben, wenn ich weiterkommen wollte. Man könnte auch sagen, dass vielleicht auch die Themen komplexer wurden. Aber ich glaube, das ist ein kleinerer Faktor.

Ich hätte mir früher niemals Sachen aufgeschrieben, mich gefilmt oder mich aufgenommen und dann angeguckt und danach kritisiert. Mir kam das zu spießig und zu unromantisch vor. Und ich habe gedacht, ich bin Künstler, ich brauche doch Chaos und den Zufall. Allerdings habe ich irgendwann gemerkt, dass wenn ich keine Struktur habe, ich nicht der Künstler werden kann, der ich gerne sein würde.

Später habe ich dann gemerkt, dass es mir eigentlich Druck nimmt und, dass es mir Überblick schenkt.

„Ich hätte mir früher niemals Sachen aufgeschrieben, mich gefilmt oder mich aufgenommen und dann angeguckt und danach kritisiert. Mir kam das zu spießig und zu unromantisch vor. Allerdings habe ich irgendwann gemerkt, dass wenn ich keine Struktur habe, ich nicht der Künstler werden kann, der ich gerne sein würde.“

Benny Greb

Tipps zum effektiven Üben

Bestandsaufnahme – sich selbst beim Üben aufnehmen

Du hast vor ein paar Jahren ein Buch zu diesem Thema veröffentlicht: „Effective practicing for musicians“ – auch für alle Nicht-Schlagzeuger:innen sehr empfehlenswert. Ich habe mich in der Vorbereitung gefragt, was zuerst da war. Frustration, Methoden, das Journal? Hast du von außen Methoden an die Hand bekommen, die dir geholfen haben, das für dich so zu ordnen? Das Problem ist ja, dass wahrscheinlich viele insgeheim spüren, dass Fortschritt ausbleibt. Aber es ja eine Sache, dies unterbewusst zu merken oder durch Aufschreiben sich wirklich bewusst vor Augen zu führen und einzugestehen.

Aus schierer Frustration. Aus tiefer, pechschwarzer Frustration. Und ich kann das teilweise so witzig formulieren, aber es war wirklich ernst. Ich war wirklich richtig frustriert und habe mich auch gefragt, warum das denn so schwer ist. Oder warum es andere gibt, bei denen man den Eindruck hat, dass es ihnen total leicht von der Hand geht. Und wenn man diese Gefühle eine Zeit lang köcheln lässt, geht es meistens noch tiefer. Man stellt sich Fragen, ob man nicht talentiert genug ist oder man vielleicht hätte früher anfangen sollen.

Schon bevor ich studiert habe, bestand kein Mangel daran, neue Sachen zum Üben zu entdecken. Da hatte ich ganz viel Input. Bei der Frage wie ich üben soll, war teilweise wirklich Brachland. Es wurde erwartet, dass man das irgendwie umsetzt. Aber ehrlich gesagt, wie man das machen soll, im Detail, das hat mir wirklich gefehlt. Und das war einer der Gründe, weshalb ich selbst auf die Suche gegangen bin. Als ich damit angefangen habe, wurde das Thema immer so behandelt, als wäre das eine sehr individuelle Sache. Aber wie ich herausgefunden habe, ist das nicht unbedingt richtig. Es gibt ein paar Sachen, bei denen sind wir individuell. Manche Leute üben morgens besser, manche Leute üben abends besser usw. Aber wenn es dann wirklich mal ums Üben geht, dann gibt es ein paar Sachen, die immer funktionieren. Und es gibt auch ein paar Sachen, die definitiv nie funktionieren. Die wären natürlich cool zu wissen.

Ein Schlüsselmoment war, dass ich einmal aus Versehen eine komplette Session von mir aufgenommen habe und sie mir dann, nicht aus Versehen, angehört habe. Komplett. Das hatte ich vorher nie gemacht. Viele schaffen das fast gar nicht, weil da viel Scham und viel Selbstkritik dabei ist. Allerdings kann ich das nur empfehlen. Das ist für mich der Ground Zero, der Startpunkt für jeden, wenn man sich noch nie mit Übe-Technik beschäftigt hat. Während man sich das anschließend anhört, kann man sich einfach ein paar Notizen machen und sich fragen „Hey, was nervt mich da denn eigentlich?“. Der Witz ist, in dieser Beobachterrolle sind wir meist recht gut darin herauszufinden, was Quatsch ist und was vielleicht zielführend ist.

Die erste Sache, die mir auffiel, war, dass ich immer so ein Starten und Stoppen hatte. Ich nenne es „Starting Stopping Syndrome“. Also sich zu viel aufhalsen, es versuchen und dann bricht es zusammen und muss man wieder von vorne anfangen. Dabei kann man wahnsinnig viel Zeit und viel Kraft verschwenden. Aber es gab natürlich noch ein paar andere Sachen. Aber das umreißt es ein bisschen, was der der Ausgangspunkt war.

Rastergrafik
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Die größte Herausforderung beim Üben ist es, sich auf bestimmte Aspekte zu fokussieren. Diese sinnvoll auszuwählen ist nicht immer leicht. Genau dabei hilft dir die what is practice Übeplan-Vorlage.

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Effektive Übe-Methoden

Checklist-Cycle und Startzeit verkürzen

Wenn man diesen Gedanken ein bisschen weiter fortspinnen würde, dann hätten wir mit so einer Aufnahme unser Was gefunden. Wir wüssten, wenn wir uns selbst mal in einer Session aufnehmen, wo unsere Schwachpunkte sind. Du hast vorhin die Frage nach dem Wie bereits angedeutet. Was sind denn Methoden, die dir im Laufe der Zeit unter die Finger gekommen sind, die für dich den Zugang zum Üben verändert haben und damit auch den Fortschritt möglich gemacht haben?

Also ich würde natürlich mein Buch empfehlen, um alle Methoden mitzubekommen, aber eine, die ich rauspicken würde, wäre die Startzeit zu verkürzen. Wenn man vom letzten Üben den Ist-Stand dokumentiert hat und sich das am Anfang einer neuen Session anguckt und anschließend direkt dort loslegt, kann man wirklich schon mal 10-20 Minuten sparen. Am liebsten ist mir tatsächlich eine Aufnahme zu haben. Und wer zum Beispiel in den Proberaum fahren muss, und das immer verteufelt hat, ist dann wirklich im Vorteil, weil man auf dem Weg dorthin sich die Aufnahme nochmal anhören kann.

Eine andere Methode heißt der Checkliste Cycle. Das ist eine rein mentale Sache, wo man seine Aufmerksamkeit hinrichtet. Wenn ich zum Beispiel eine Übung habe, gehe ich in meinem Kopf die Checkliste durch. Ähnlich wie ein Bildhauer, der auch nicht eine Stelle zur Perfektion bohrt und dann zur nächsten geht und diese zur Perfektion bohrt, sondern ein kleines Stück hier wegnimmt, dann seine Position verändert, ein kleines Stück dort wegnimmt, sich das Gesamtbild anguckt und dann wieder ein bisschen was abschlägt. So kommt er seiner idealen Form immer ein Stück näher.

Die Checkliste startet zum Beispiel physisch: Kann ich noch aufrechter und entspannter sitzen? Kann ich meine Schultern entspannen? Atme ich noch regelmäßig? Wie würde es aussehen, wenn es einfach wäre? Das ist eine magische Frage, die echt bei vielen Leuten eine ergonomischere und natürlichere Technik in Erscheinung bringt, ohne dass man das man etwas bewusst korrigiert.

Und dann geht es weiter in Timing und Accuracy. Also wie ist die Subdivision? Wie ist der Puls? Kann ich mir den Puls dazu denken oder singen? Und der Witz ist: ich verbringe nicht ewig bei jedem Punkt, sondern nur kurz. Wenn die Liste dann am Ende ist, dann fange ich wieder von oben an und so geht das ständig weiter. So wird es immer ein bisschen besser. In kleinen Schritten eben. Und es beschäftigt auch den Kopf sowie das analytische Hören und Fühlen.

„Ähnlich wie ein Bildhauer, der auch nicht eine Stelle zur Perfektion bohrt und dann zur nächsten geht und diese zur Perfektion bohrt, sondern ein kleines Stück hier wegnimmt, dann seine Position verändert, ein kleines Stück dort wegnimmt, sich das Gesamtbild anguckt und dann wieder ein bisschen was abschlägt. So kommt er seiner idealen Form immer ein Stück näher.“

Benny Greb

Wann ist es gut?

Das erinnert ein bisschen an das „Prinzip der rotierenden Aufmerksamkeit“ von Gerhard Mantel, der das in einer ähnlichen Form aufgeschrieben hat. Der entscheidende Punkt bei dieser Übe-Technik ist dann, im richtigen Moment weiterzugehen. Also wann höre ich auf und wann weiß ich, wann ich zur nächsten Sache weiter gehe? Wie ist deine Herangehensweise?

Fürs Erste gibt es mehrere Möglichkeiten. Ganz wichtig: das „Gut“ muss natürlich vorher definiert sein. Man hat oft die Tendenz, währenddessen sein Ziel zu verschieben. Und das kann frustrierend sein, weil das ein sicherer Weg ist, nie anzukommen. Es gibt zunächst die zeitliche Begrenzung, ganz einfach. Also meistens übe ich einfach, bis der Timer klingelt und dann ist Schluss. Selbst wenn mir dann noch was einfällt. Das einfach eine Limitierung, die ich mittlerweile respektiere. Und das hat mir sehr viel gebracht. Früher ging es sonst immer in diese mega Sessions, in denen ich dann den ganzen Samstag von früh morgens bis spät nachts irgendwas gemacht habe.

Der andere Aspekt ist natürlich vorher zu definieren, was ist für heute das Ziel ist. Oder was für diese nächsten drei Monate das Ziel ist. Manche Sachen sind dabei leichter zu messen und zu erreichen als andere. Also zum Beispiel eine gewisse Entspannung oder eine gewisse Mastery von etwas, spürt man schon. Man kann das fast tagebuchmäßig festhalten.

Wenn ich das dann erreicht habe und damit entspannt bin, ist dieses eine Thema erst mal erreicht und dann kann ich mir auch auf die Schultern klopfen. Natürlich kann man dann den Sound noch verbessern etc. Aber ich glaube, es ist sehr wichtig, auch Zwischenstationen zu feiern. Weil die meisten Sachen, die wir an unserem Instrument oder an unseren Instrumenten machen, sind keine Sachen, die man innerhalb von zehn Minuten abhaken kann. Und wer dann frustriert davon ist, dass er noch nicht ganz fertig ist, der hat eine schwierige Zeit vor sich.

Ich empfehle gerne eine Vorher-Nachher Aufnahme. Es ist vielleicht noch nicht perfekt, es ist vielleicht noch nicht so, wie ich es haben möchte, aber ich habe eindeutig den Beweis, dass sich diese 20 Minuten oder diese zwei Stunden, was auch immer das sein mag, gelohnt haben. Und wenn ich dieses Gefühl behalte, behalte ich auch ein sehr positives Gefühl zum Üben eigentlich.

Ja, das finde ich auch selbst ein unglaublich mächtiges Tool. Einfach sich aufzuschreiben oder noch besser sogar aufzunehmen, um seinen Fortschritt für sich sichtbar zu machen.

Und wir sind eigentlich nicht gut darin, uns selbst zu bewerten, wenn man es nicht festhält. Man ist eigentlich härter zu sich selbst.

Manche Sachen sieht man aus einem anderen Blickwinkel besser, als aus dem Spieler Blickwinkel. Also bei Schlagzeugern ist es zum Beispiel ein Klassiker: Da spielt mir jemand etwas mit beiden Händen vor und fragt, warum das so ungleich klingt? Und es klingt gut, aber beide Hände sehen komplett anders aus. Beim Spielen sind wir oft so mit anderen Sachen beschäftigt, dass wir darauf weniger Acht geben können.

Vom Was und Warum?

Was und warum sollte ich üben?

Absolut. Ich finde auch, dass die Musik sich zum Glück dies vom Sport mehr und mehr abgeguckt und auch hier und da Methoden versucht zu adaptieren. Filmen ist ein gutes Beispiel.

Was ich an deinem Buch so unglaublich gut finde, ist, dass es geschafft hat, wirklich einen „Rundumschlag“ im besten Sinne des Wortes zu kreieren: von äußeren Umgebungen bis zu dem eben angesprochenen Dreimonatsplan. Im Großen und Ganzen geht es um den Prozess, aber auch um das Was und das Warum. Weißt du noch, was dein erstes, was und warum damals war, also als du dir die Fragen selbst gestellt hast?

Wenn man einen Gig spielt oder einen Auftritt hat, und es gibt eine Aufnahme: hört man sich die gerne an? Und wenn nein, gibt es da irgendeinen Punkt gibt, den man verbessern möchte. Das wäre doch der schon mal erste Grund. Jedes Mal, wenn ich eine Aufnahme von mir höre, habe ich irgendwas, von dem ich motiviert bin zu sagen „das könnte ich aber noch besser gestalten“.

Was man manchmal vergisst, ist, dass es nicht ein angsterfülltes Ding sein muss. Das machen viele Lehrer, glaube ich, falsch. „Du bekommst keine Jobs oder wirst nicht bei der Audition genommen“ – das mag für Professionelle alles zutreffen. Aber der wirklichste und der schönste Grund ist, wenn man etwas richtig auscheckt und wenn man gut das Instrument spielen kann. Das macht unglaublich Spaß. Also das ist einfach ein unglaubliches Gefühl, was ich so oft wie möglich haben möchte.

Absolut. Jetzt leben wir allerdings aber nicht alle in „lonely bubbles“, sondern sind soziale Wesen und interagieren ständig (auch durch Social Media) oder sind anderen Einflüssen ausgesetzt. Du beschreibst das in deinem Buch sehr schön, wie man zu den Sachen findet, die man selbst gerne machen möchte: Spieltechniken, Arten zu spielen, die man selbst gut findet.

Wie hast du es denn geschafft, dich selbst von diesen Einflüssen freizumachen? Weil theoretisch, wenn ich Instagram aufmache, und mir andere Musikerinnen und Musiker angucke, sehe ich ja jeden Tag sehr viele neue Sachen, die ich auch noch üben könnte. Also wie schaffst du es, deinen eigenen Zielen treu zu bleiben und dich nicht zu verunsichern zu lassen, dass der Weg, den man jetzt eingeschlagen hat, dann doch vielleicht nicht so der Richtige ist?

Eine schlechte Nachricht und eine gute. Die schlechte Nachricht ist, man kann nicht alles gleichzeitig machen und man kann nicht mal alles machen, selbst wenn man es eins nach dem anderen macht. Man wird nicht bei allem fertig, bis man stirbt.

Die gute Nachricht ist aber, dass wir das nicht (und das wurde sogar mittlerweile wissenschaftlich untersucht) brauchen, um glücklich zu sein. Man denkt immer, das, was jetzt auf mich einprasselt, das würde ich auch gerne habe. Es gibt nur so ein paar Dinge, die für einen wirklich sehr wichtig sind. Und wenn man an denen wirklich arbeitet und spürt, dass man da ein Fortschritt macht, ständig, dann ist das also üblicherweise mehr als genug.

Und der Grund ist eher, wenn wir unseren eigenen Scheiß schon nicht machen, ist es schwer zu ertragen, wenn von außen weiterer Input auf uns kommt. Und das macht natürlich Social Media schwieriger. Wenn man sich selbst schon ein bisschen faul fühlt und dann auch noch andere einem ins Gesicht reiben, was sie alles am Start haben. Das ist schwer auszuhalten.

Man braucht drei Punkte. Der eine Punkt ist ein Ziel. Der andere Punkt ist das Wie ist es denn jetzt gerade? Das ist etwas, dass sehr vielen fehlt. Sie wissen manchmal, wo sie hinwollen, aber wissen nicht, wo sie gerade wirklich stehen. Und der dritte Punkt ist: Was ist denn jetzt der nächste Schritt (die nächste Übung), den ich machen muss? Und wenn ich den nächsten Schritt nicht weiß, dann kann ich auch nicht loslegen. Dann bin ich auch nicht motiviert.

Wenn das wirklich alles in Place ist, dann kann man auch viel entspannter mit anderen feiern, dass sie etwas ausgecheckt haben. Es ist oft eher ein Neid-Ding. Also Entschuldigung, das ist jetzt ein bisschen tough love – aber so ist meine Erfahrung zumindest. Ich bin auch nicht frei davon. Es gab auch Phasen in meinem Leben, wo ich definitiv diese Gefühle hatte. Aber ich meine, die Kehrseite der Medaille ist, dass man sich überlegen muss, wie viel Input man überhaupt zulassen möchte und, ob man ständig neuen Input überhaupt braucht.

Ich glaube, es liegt auch ganz viel Tolles in unfinished business und in Büchern (oder Übungen), die man mal gemacht hat und dann brach hat liegen lassen. Wir verwechseln manchmal neu und besser. Manchmal ist auch „The old shit the best shit“.

„Aber ich glaube, es ist sehr wichtig, auch Zwischenstationen zu feiern.“

Benny Greb

Aber ich finde, das schließt den Kreis irgendwie ganz schön zu dem, was du am Anfang gesagt hast. Wir sind zwar alle Künstler:innen und in Choas kann auch viel Kraft stecken, allerdings funktioniert es ganz ohne Struktur eben nicht. Eine philosophische Frage für das Ende: Wann bist du denn nach dem Üben zufrieden?

Es gibt mehrere Disziplinen diesbezüglich. Also zufrieden bin ich allein schon, wenn ich die Rahmenbedingungen gut gemacht habe. Also wenn ich wirklich allein geübt habe. Das ist schon ein Win für mich. Wenn ich überhaupt diesen in diesen Übe-Modus komme, ist das wie eine Meditation. Zudem hat es den schönen Nebeneffekt, dass ich mich auf ganz viele andere blöde Sachen nicht konzentrieren kann. Und das ist das macht mich enorm zufrieden.

Ich bin jetzt Mitte 40 und beschäftige mich seit 30 Jahren damit, auf einem Gummipfad die Schläge gleich laut zu spielen. Das ist eigentlich total abgefahren und abstrus. Aber in dieser Einfachheit liegt ein ganzes Universum.

Und langfristig gesehen bin ich zufrieden, wenn ich einfach über Monate hinweg eine Sache tief Brett gebohrt habe und ich echt meinen Fortschritt merke. Für mich ist es der beste Vergleich: Ich bin früher mit meinem Vater Bergwandern gegangen und dieses Gefühl, wenn man nach einiger Zeit wandern sich umdreht und die Hütte, von der wir aus gestartet sind, nur noch so groß wie ein Monopoly Haus in der Ferne ist. Das ist einfach ein abgefahrenes Gefühl.

Das ist auch was, dass man aufs Leben übertragen kann. Wir könnten, glaube ich, noch so viel uns über das Üben unterhalten. Es ist sehr spannend dir zuzuhören. An dieser Stelle aber, mit Blick auf die Uhr, kommen wir zu den letzten beiden Fragen: Was übst oder lernst du gerade, was du noch nicht so gut kannst?

Mich mit meinem Sohn nicht in ewig lange Gespräche verwickeln zu lassen, wenn er ins Bett gehen soll. Das versuche ich gerade zu lernen. Er ist da mittlerweile gut drin sich die spannenden Fragen, die vielleicht auch Papa ein bisschen interessieren, aufzuheben bis zur Schlafenszeit. Vielleicht muss ich da auch wieder einen Timer, wie beim Üben, nutzen.

Außerdem versuche gerade wieder mehr auf gesunde Ernährung und mehr Sport zu schauen. Ich habe das früher sehr vernachlässigt. Es gibt so vieles. Wieder öfter meditieren. Das sind oft Sachen, die ich nicht neu entdecke oder neu anfange, sondern an denen ich dranbleiben und wieder anknüpfen möchte.

Da wären wir wieder bei den Open Books, die du zwischendurch mal angesprochen hast. Wenn du jetzt auf deine eigene Studienzeit zurückblickst, gibt es einen Tipp, um den du damals froh gewesen wärst, hättest du ihn schon vorher gehabt?

Ja, eigentlich dieses „Effective Practice“ Buch. Jeden Tipp davon, zum Beispiel der Timer hätte mir viel gebracht. Oder auch der Checkliste Cycle hätte mir viel geholfen. Udo Dahmen, mein Lehrer, hatte eine ähnliche Übung mit mir mal gemacht und die hatte mir wahnsinnig viel gebracht.

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Wie nutze ich Musik-Apps zum Üben & Unterrichten, Max Gaertner? https://what-is-practice.de/wie-nutze-ich-musik-apps-zum-ueben-unterrichten-max-gaertner/ https://what-is-practice.de/wie-nutze-ich-musik-apps-zum-ueben-unterrichten-max-gaertner/#respond Wed, 08 Mar 2023 17:13:49 +0000 https://what-is-practice.de/?p=5814 Dr. Max Gaertner ist Experte, wenn es um das perfekte Üben am Smartphone geht. Im Podcast hat er kreative Übungen zum Rhythmus- & Timingtraining mit Musik-Apps verraten und wie er sie zum Unterrichten einsetzt.

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Mein heutiger Gast ist der Percussionist und Autor Dr. Max Gaertner.

Ich hab Max, wie er selbst sagt, gerade mitten in einer kreativen Umbruchphase gesprochen. Als studierter Orchestermusiker sucht er künstlerisch gerade nach seiner ganz persönlichen Stimme. Dabei experimentiert er viel mit besonderen Mikrofontechniken, Effektgeräten und Musik-Apps. Wer davon einen Eindruck bekommen möchte, sollte seinem Instagram Account folgen. 

In unserem Gespräch ging es aber vor allem darum, wie sich Musik-Apps fürs Smartphone und Tablet am besten fürs eigene Üben  – aber auch für den Instrumentalunterricht nutzen lassen. Dabei sind wir beide richtig ins Schwärmen über die Möglichkeiten, die daraus entstehen, gekommen. 

Natürlich hatte Max aber auch ein paar handfeste Tipps und Übungen dabei, die man direkt zu Hause umsetzen kann. 

Max Gaertner vor Wand
Max Gaertner (©)

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Das Interview

Übersicht

Vervollständige folgenden Satz. Üben heißt für dich?

Das ist gar nicht mal so einfach, ne? So ein wichtiger Satz. Üben heißt für mich, Quality Time mit mir selbst und meinen vielen Instrumenten zu verbringen. Ich brauche fürs Üben sehr viel Ruhe. Und, um gut zu üben muss ich wirklich runterkommen. Deswegen ist es tatsächlich auch im Umkehrschluss immer eine wirklich coole Zeit für mich. Üben bedeutet ist dann wie ein kleiner Safe Space für mich quasi, wo ich mich mal einkapsele und dann wirklich ganz ruhig mich mit den Instrumenten beschäftigen kann.

Das finde ich spannend. Da können wir auf jeden Fall gleich noch mal ein bisschen genauer darauf eingehen, wie du es dann auch schaffst, diesen Safe Space im Alltag dir einzurichten. Welche Musik, Album oder Künstler läuft denn bei dir gerade in Dauerschleife?

Das ist ganz schön schwer. Aber es gibt einen Schlagzeuger aus den USA, Mark Guiliana, der eine Serie von Stücken rausgebracht hat, die „Music for Doing“ heißt. Die läuft im Grunde eigentlich dauernd. Ich mag sehr, was er macht. Mark Guiliana spielt sehr frei improvisierten Jazz und ich mag seine Herangehensweise und seinen Sound.

Würdest du auch sagen, dass du einen speziellen Künstler hast, der dich auf dein persönliches Spiel sehr geprägt hat?

Auf jeden Fall ist es Billy Martin. Er ist auch Schlagzeuger und hat eine wahnsinnig interessante Herangehensweise an freies Spielen, Klangsuche und Klangforschung. Er hat mich deswegen besonders inspiriert, weil ich gerade in einer Phase bin, wo ich mich aus diesem strengen klassischen Kontext, aus dem man ja als Orchestermusiker kommt, befreien zu versuche.

Den Zuhörer*innen, die dich bisher noch nicht kannten, kann ich auf jeden Fall deinen Instagram Kanal empfehlen. Der ist sehr spannend. Du hast eine sehr eigene Art mit dem Mikrofon umzugehen. Das habe ich so noch nie gesehen. Du nutzt es, im Prinzip, wie ein Instrument. Ist das eine Inspiration von Billy Martin oder ist das etwas, was in diesem Prozess von „Deine eigene Stimme finden“ selbst bei dir entstanden ist?

Ja, das ist tatsächlich einfach im Experiment bei mir im Proberaum entstanden. Der Hintergrund ist, dass ich mich in den Jahren, in denen ich eigentlich rein klassisch unterwegs war, nicht so angekommen gefühlt habe. Das kennen andere vielleicht auch in anderen Zusammenhängen oder so. Man merkt, dass es noch weitergehen muss. So war es bei mir.

Ich habe deswegen, und auch vielleicht, weil ich in der Jugend wahnsinnig viel Jazz am Vibraphon gemacht habe, das Bedürfnis gehabt, das Instrumentarium und alles, was es an Vielfalt mit sich bringt, in einen neuen Kontext zu führen, um auch andere Perspektiven für zukünftige Schlagzeuger oder Percussionisten zu eröffnen.

Diese Mikrofonsache, die du ansprichst, die kommt daher, dass wenn man jetzt in andere Instrumentalbereiche reingeht – also beispielsweise denke ich an Miles Davis, Trompete, Cool Jazz. Hier schätze ich die Möglichkeit, dass sie den Ton, nach dem er angespielt wurde, noch weiter formen. Und speziell Miles Davis. Ich sitze dann da und höre seine Platten abends und manchmal hört man erst mal nur seine Luft durchs Instrument kommen, bevor so der erste Ton kommt. Und das hat so was wahnsinnig Intimes, weil es so persönlich ist.

Es ist nicht wie jetzt bei uns, man schlägt so auf die Pauke drauf. Natürlich ist die Frage, wie schlägt man drauf und so. Aber da könnte man jetzt auch wieder stundenlang reden. Danach verklingt der Ton bei uns am Schlagzeug. Wenn ich mit dem Mikrofon über die Instrumente hin und zurück gehe, habe ich die Möglichkeit, so ein bisschen diesen Ton noch zu formen, nachdem ich ihn angeschlagen habe. Und das ist die Idee dahinter.

Dein Übe-Alltag

Um den Bogen vielleicht zu schlagen, du bist ja nicht nur Musiker selbst, sondern auch Autor. Wir haben gerade vorhin schon im Vorgespräch ganz kurz dein „Was geht App?“ Buch beim Schott Verlag angesprochen. Du hast vor zwei Jahren deine Doktorarbeit über elektroakustische Komposition geschrieben. Kannst du uns mal mitnehmen in deinen typischen Übe-Alltag?

Mein Übe-Alltag sieht natürlich jeden Tag ein bisschen unterschiedlich aus. Nachdem alle organisatorischen Dinge am Tag erledigt sind, gehe ich runter ins Studio. Das ist im selben Haus. Dort habe ich mehrere Stationen aufgebaut: verschiedene Instrumente, Vibraphon, Marimba, Trommeln.

Wenn du mich jetzt vor einem Jahr gefragt hättest, hätte da auf jeden Pult ein Stück gelegen, was ich gerade übe. Weil es stehen natürlich Konzerte an und man muss sich vorbereiten. Und jetzt ist es so, dass ich quasi Stationen aufgebaut habe im Studio. Da ist eine mit dem, das sieht man auch auf Instagram oft, das Vibraphon mit so einem elektronischen, kleinen Mallet-Instrument dabei und einem modularen Synthesizer System und sehr viel Elektronik. Und das ist meist die erste Station, wo ich hingehe. Dort erforsche ich diese Mikrofon-Technik und da probiere ich aus, zur Musik zu spielen und solche Dinge, wie man beispielsweise den Vibraphonklang verfremden kann, wenn man ihn durch verschiedene Effektgeräte oder mit Musik Apps bearbeitet. Da verbringe ich eigentlich die meiste Zeit damit, relativ frei zu spielen und zu forschen.

Und das geht im Grunde so weiter, je nachdem, wie viel Zeit ich am Tag zum Üben habe.

Also dein Üben startet eigentlich immer mit so einem sehr freien spielerischen Teil, um so ein bisschen in diese Kreativität auch reinzukommen?

Ja, genau. Also das ist ganz anders, als es wie gesagt vor einiger Zeit war.

Ich habe wirklich wahnsinnig viel während des Studiums geübt und auch danach noch sehr. Man startet zunächst erstmal mit ein paar Tonleitern, wie das im Grunde ja alle machen – weil es alle machen.

Und es ist tatsächlich momentan quasi eine ganz extreme Umbruchssituation, in der ich versuche das ganz anders zu machen und wirklich frei spielen. Und wirklich einfach mal auszuprobieren, was passiert. Das habe ich vorher ganz selten bis nie gemacht, weil immer viele Stücke auf dem Programm standen, die ich schnell lernen musste.

„Ich übe jeden Tag. Auch am Wochenende – quasi ohne Ausnahme. Einfach, weil die Zeit pro Session weniger wird. Ich kann jetzt seltener, so wie früher im Studium, meine 8 bis 9 Stunden am Tag üben. Das ist wirklich die absolute Ausnahme. Und deswegen gibt es noch eine größere Regelmäßigkeit. „

(Max Gaertner)

Du hast in der allerersten Antwort jetzt schon was sehr Interessantes gesagt, wie ich finde. Du hast das Üben so als Art Safe Space bezeichnet. Das finde ich insofern interessant, weil natürlich die Frage ist, wie schafft man sich den so typischerweise im Alltag?

Nicht jeder Tag hat den selben Ablauf. Ich bin Dozent, habe Lehraufträge, ich bin auch immer mal wieder auf Tour und habe natürlich auch Familie. Das alles muss man alles unter einen Hut kriegen.

Deswegen ist es nicht jeden Morgen von 10 bis 1 oder so. Aber man kann sagen: ich übe jeden Tag, auch am Wochenende, Samstag und Sonntag, quasi ohne Ausnahme. Einfach, weil die Zeit pro Session weniger wird. Ich kann jetzt seltener, so wie früher im Studium, meine 8 bis 9 Stunden am Tag üben. Das ist wirklich die absolute Ausnahme. Und deswegen gibt es noch eine größere Regelmäßigkeit und auch keine solchen „Oh, jetzt aber Sonntag, die ganze Woche hat man so viel gemacht, da muss man jetzt frei machen… Das gibt es einfach nicht, sondern ich mache das durch sieben Tage in der Woche. Ich habe auch keine Ferien in dem Sinne, weil es einfach wichtig für mich ist, um diesen Fluss zu haben.

Und was diesen Safe Space angeht: das ist tatsächlich so, dass ich dann ins Studio rein komme und mir zugestehe, ein paar Minuten zu schauen, wo es hingeht.

Also ich fange einfach an zu spielen, ohne groß nachzudenken. Mache vielleicht eine Musik an, die ich noch im Ohr habe – oder, die ich gestern Abend vielleicht entdeckt habe. Und dann spiele ich dazu. So tauche ich quasi immer tiefer in die Musik ein. Stufe für Stufe für Stufe in diesen Safe Space, wo ich dann für eine ganz lange Zeit, ein paar Stunden meditieren.

Das klingt so esoterisch, aber es ist tatsächlich wie in einem Flow. Und das habe ich tatsächlich erst jetzt in den letzten ein, zwei Jahren so intensiv entdeckt. Vorher war das Üben sehr viel handwerklicher geprägt, weil man sagt: so jetzt schnell die Einspielübungen und dann zack Stück eins, Stück zwei, Stück drei, weil man so viel Konkretes zu tun hat. Und jetzt muss man ganz anders rangehen. Das lasse ich auch in meine Unterrichte einfließen. Das bringt auch tatsächlich den Schülern und Studenten ziemlich viel, so was auszuprobieren.

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Üben & Unterrichten mit Musik-Apps

Wenn man so will bist du Experte, wenn es um Üben mit Musik-Apps geht. Du hast vorher schon ganz kurz angesprochen, dass du bei deinem Experimentieren auch Apps nutzt, um den Klang zu verfremden. Kannst du es mal runterbrechen, inwiefern diese Apps in deinem Übe-Alltag eine Rolle spielen?

Musik-Apps spielen in meinem Alltag eine große Rolle. Vor allem künstlerisch nutze ich sie wie ein weiteres Instrument. Also das heißt, sie sind Teil dieser Stationen, von denen ich gesprochen habe.

Ich habe einen Controller im Studio, der sieht aus wie ein Xylophon, aber der besteht quasi aus Pads, die ein elektronisches Signal an den Computer senden, um dann Klang zu erzeugen. Damit steuere ich Musik-Apps, sodass ich über meine Sticks Sounds aus einer Synthesizer App (viele werden vielleicht bspw. Garageband kennen) erzeugen kann.

Und inwiefern überschneiden Sie dann die Apps, die du selbst nutzt im Vergleich zu den Apps, die du deinen Schülern und Schülerinnen anbietest zum Üben? Also wahrscheinlich gibst du nicht alle diesen dieses große Portfolio mit, oder?

Also tatsächlich ist es so, dass es nur ganz selten dazu kommt, dass Apps, die ich privat zum künstlerischen Schaffen nutze, ich die jetzt auch so eins zu eins im Unterricht einsetze, weil einfach das sind dann Apps, wo es eher um Klang, Synthese geht und solche Dinge und das ist eigentlich für so einen klassischen Schlagzeugschüler erst mal weniger interessant und da besetze ich tatsächlich ganz andere Apps ein. Also wenn ich jetzt im Unterricht sitze, habe ich jetzt auch, du hast das „Was geht ab“-Buch erwähnt, nachdem habe ich eine wahnsinnig große Resonanz bekommen von den Lesern und Leserinnen, dass das toll ist, dass man so einen Einblick bekommt, aber wie es auch so ist, und das verstehe ich auch absolut, erstens mal für viele ist es ein neues Thema. Außerdem gehört dazu, wenn man jetzt als Lehrer sehr viele Musikschüler hat und versucht sozusagen mit denen was umzusetzen, vielen fehlt die Zeit, sich so intensiv wie ich das vielleicht getan habe mit dieser Materie zu beschäftigen, zumindest am Anfang, um da so einzusteigen und sich Sachen für den eigenen Unterricht zu überlegen. Und da haben viele gesagt, ja, wie könnte man das denn machen? Ihnen fehlt irgendwie das Konkrete.

Also sagen wir mal ein Etüdenheft, wie man das von der Schlacht Werkzeugschule oder so kennt, die man dann erstmal durcharbeiten kann mit dem Schüler. Und währenddessen sagt man, okay, jetzt nehmen wir die Übung dreimal nicht, da habe ich was anderes und so. Da lässt man eigene Sachen einfließen, aber da hat man einen roten Faden. Da gibt es erstmal eine gewisse Sicherheit. Und das hat dazu geführt, dass ich dieses Ich habe ein weiteres Buch geschrieben, das heißt „Appetit“ quasi, also „Appetüden“. Und da habe ich tatsächlich ganz konkrete Übungen entwickelt, die man so im Musikunterricht, im Instrumentalunterricht eben mit den Schülern eins zu eins aller Instrumente, also ich habe es freigehalten sozusagen, mit welchem Instrument man das macht, einsetzen kann. Und da gibt es verschiedenste Dinge, die eben mit Musikapps wahnsinnig gut gehen. Beispielsweise was alle umtreibt, ist sowas wie rhythmische Präzision und Timing. Das klingt erstmal so ein bisschen lahm, weil es immer so alte Layern sind, aber es ist tatsächlich ja für alle so wichtig. Da habe ich dann Spiele entwickelt, wie man mit einem ganz normalen Metronom oder mit speziellen anderen Apps eben solche Verschiebungen, Verschiebungsspiele machen kann, um quasi da sicherer und stabiler zu werden.

Und da sind die Ergebnisse wirklich krass. Plötzlich machen solche scheinbar trockenen Übungen wie Timingübungen oder sowas richtig Spaß, weil es so eine Art Challenge ist, Charakter hat. Man spielt quasi wirklich. Und ja, das sind sozusagen eher Dinge, die ich im Unterricht selbst nutze, beispielsweise auch, wobei das ist wieder eine App, vielleicht könnte man an der Schnittmenge sehen zwischen meiner künstlerischen und der pädagogischen Arbeit. Es gibt so Looper Apps, also wo man quasi einzelne Schnipsel, die man einspielt, immer, du kennst das ja wahrscheinlich, immer wieder, wiederholen kann. Und das nutze ich künstlerisch oft, weil das ist toll. Ich kann lange Klänge vielleicht die ich erzeuge, mit anderen kombinieren und so Klangflächen erzeugen. Und im Instrumentalunterricht kann ich mit solchen Looper Apps, habe ich ja auch in diesem Aptitude Heft zwei, drei Übungen zugemacht, verschiedene rhythmische Takte, die ich vielleicht nacheinander irgendwo aufgeschrieben habe, übereinander legen und so trainieren, zu einem bestehenden Rhythmus möglichst exakt einen nächsten dazu zu spielen und quasi so eine Art Trockenübung fürs perfekte Ensemble Spiel sowas zu haben, um noch mehr, also man hat nicht das Gefühl, man spielt nur mit sich selbst allein, sondern es ergibt sich so eine große Klangfarbe, was irgendwie cool ist.

Und es ist auch super spielerisch, weil es halt nicht so dieses sehr trockene, ich mache diese Übung 1 und dann kommt die Übung 2.

Ja, auch für zu Hause. Die Schüler haben Spaß auch daran, das dann zu Hause mal zu machen. Die meisten Apps sind ja kostenfrei oder super günstig auch. Da spielen die dann rum und plötzlich schreiben die Songs oder also die werden plötzlich richtig kreativ, ist echt cool. Ja, mega.

Kannst du ein Beispiel geben, was man jetzt gut so einfach verbal erklären kann für so eine Rhythmikübung, also wie du Timing Training mit einer App zum Beispiel machst?

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