Unfall | https://what-is-practice.de/tag/unfall/ BLOG Tue, 07 Nov 2023 18:41:05 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.6.2 https://what-is-practice.de/wp-content/uploads/2020/06/cropped-logo-wip-bunt-32x32.png Unfall | https://what-is-practice.de/tag/unfall/ 32 32 Aussteigen in der Musik https://what-is-practice.de/josephine-bastian-aussteigen-in-der-musik/ https://what-is-practice.de/josephine-bastian-aussteigen-in-der-musik/#respond Mon, 08 May 2023 11:58:43 +0000 https://what-is-practice.de/?p=5888 Josephine Bastian war auf dem besten Weg eine erfolgreiche Cellistin zu werden bis ein folgenschwerer Unfall ihr Leben verändern sollte. Aufgrund der starken Schmerzen war an eine normale Karriere nicht mehr zu denken und zum ersten Mal sah sich Josephine mit der Möglichkeit konfrontiert, ihren Traumberuf nicht mehr ausüben zu können. Was heißt es in der Musik auszusteigen?

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Und was bin ich noch, Josephine Bastian?

Josephine Bastian studierte Cello in Berlin, Frankfurt und an der Indiana Universitiy in den USA. Sie gewann Stipendien und gleich nach ihren Master-Abschluss auch eine der begehrten Akademiestellen im Frankfurter Opern- und Museumsorchester – bis ein folgenschwerer Unfall ihr Leben von einem auf den anderen Tag verändern sollte. Ein gemauerter Schornstein stürzte auf sie. Wie durch ein Wunder überlebte sie diesen Unfall und kämpfte sich zurück ins Leben – sowohl privat als auch beruflich. Allerdings war aufgrund der starken Schmerzen an eine normale Karriere nicht mehr zu denken. Zum ersten Mal sah sich Josephine mit der Möglichkeit konfrontiert, ihren Traumberuf nicht mehr ausüben zu können. 

Als ich das erste Mal von Josephines Geschichte hörte war ich tief bewegt und beeindruckt. Natürlich von ihrer Willensstärke nach den langen Krankenhausaufenthalten, den zahlreichen Operationen und der Reha-Maßnahme sich nicht aufzugeben und den Weg zurück ins Leben und ans Instrument zu finden. Aber mindestens genauso beeindruckt war ich von ihrem Prozess der Selbstfindung. Als Musikerin und Musiker verknüpfen wir oft unseren Selbstwert mit unserer Künstler*innen Persönlichkeit – doch was ist, wenn wir diese nicht mehr ausfüllen. Wer sind wir dann noch?

Mit Josephine habe ich über das Aufhören in der Musik, das Finden von Alternativen und über unsere Künstler*innen Persönlichkeit gesprochen.

Josephine Bastian (Quelle: privat)

Mehr Informationen zu Josephine Bastian

Webseite: www.josephine-bastian.jimdosite.com

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Das Interview mit Josephine Bastian

Vervollständige folgenden Satz: Üben heißt für Dich….

Üben ist für mich ein wichtiger Baustein in meiner Tagesroutine – unabhängig davon, ob ich mich gerade für ein Konzert oder eine Probe vorbereite. Das ist für mich inzwischen der Schlüssel für einen guten Start in den Tag. Und, um mich mit meiner künstlerischen Energie zu verbinden. Obwohl das vielleicht ein bisschen esoterisch klingen mag (lacht).

Das greift direkt einer Frage vor, die ich für später vorgesehen hatte. Daher würde ich meine Nachfrage an dieser Stelle noch hintenanstellen. Welche Musik (Album / Künstler) läuft bei dir gerade in Dauerschleife?

Das ist tatsächlich kein Album, sondern ein Künstler, den ich seit zwei Jahren sehr intensiv höre: Marc Rebillet.

Er ist vor allem durch seine Improvisationsstreams bekannt geworden. Sein Stil ist für mich wirklich sehr einzigartig und geprägt von viel Humor und Ironie. Möglicherweise würden Menschen, die ihn nicht kennen, ihn als den Künstler beschreiben, der immer in Bademantel und Unterhose auftritt.

Für mich verkörpert er besonders stark die Idee eines neuen freigeistigen Musiker*innen-Seins und ist hier ein Vorreiter.

Welche CD hat Dich musikalisch (auf Dein Spiel bezogen) am meisten geprägt?

Ich finde es sehr schwer hier nur eine Person zu nennen. Natürlich haben mich, was mein Spiel angeht, alle meine Lehrer sehr stark geprägt. Insgesamt hatte ich vier. Wahrscheinlich würde ich rückblickend sagen, dass mich mein zweiter Lehrer Stefan Giglberger am meisten geprägt hat. Er hat immer mit so viel positiver Energie unterrichtet. Dadurch hat er meinem Spiel, was Spielfreude und Körperbewegung am Instrument betrifft, Dinge mitgegeben, die es von anderen Cellist*innen abhebt.

Wenn man allerdings rein vom Hören ausgeht, würde ich auf jeden Fall auch die Lehrer nennen, bei denen ich studiert habe. Das war bei mir in den ersten Semestern Michael Sanderling, dessen Dvorak-Konzert ich schon als Kind unendlich viele Male gehört habe.

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Du hast an der Hanns Eisler in Berlin und in Frankfurt deinen Bachelor gemacht und bist dann für deinen Master in die USA, hattest Stipendien und schließlich eine Akademiestelle für das Frankfurter Opern- und Museumsorchester gewonnen. Man könnte also durchaus sagen, dass du auf dem besten Weg warst eine sehr erfolgreiche Cellistin zu werden. Bis du vor zwei Jahren einen sehr schweren Unfall hattest. Möchtest du einmal kurz berichten, was damals passiert ist?

Ich hatte einen Probentag mit meiner besten Freundin in Berlin. Gemeinsam haben wir bei ihr Duo-Stücke für Violine und Cello geprobt. Danach bin aufgebrochen, um mit zwei Freunden den Abend noch auf einer Dachterrasse ausklingen zu lassen. Dort haben wir auf zwei Hängematten gesessen, bis plötzlich der gemauerte Schornstein an dem meine Hängematte befestigt war, an der Basis abbrach und auf mich fiel. Meine beiden Freunde hatten wahnsinniges Glück und wurden nicht getroffen. So konnten sie direkt erste Hilfe leisten.

Ich erlitt sehr schwere Knochenverletzungen, verletzte mir 4 Wirbel in der Wirbelsäule (an verschiedenen Stellen) und brach mir mein Brustbein sowie mein linkes Schulterblatt und Schlüsselbein. Durch die Position des Einsturzes kam es zudem noch zu einer Lungenquetschung und einem Schädelhirntrauma.

Das alles war natürlich ein sehr starker Einschnitt. Ich war damals 26 und topfit – sowohl auf dem Cello als auch körperlich. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir nie Gedanken darüber gemacht, nicht morgens aus dem Bett zu springen und sofort Cello spielen zu können. Nach dem Unfall war ich dann allerdings zunächst ein Pflegefall und konnte nicht einmal selbstständig zur Toilette gehen. Nach einigen Monaten konnte ich mich dann zumindest selbst mit dem Nötigsten versorgen. Der Einschnitt war jedoch trotz allem sehr groß.

Wenn man deine Geschichte so hört, fällt es schwer sich vorzustellen, dass man so etwas überhaupt überlebt. Es grenzt fast schon an ein Wunder, finde ich. Allerdings möchte ich hier heute gar nicht so sehr nochmals auf Details zum Unfall eingehen. Du hast hier ein bewegendes Interview im Van Magazin gegeben, was ich sehr empfehlen kann. Ich würde mehr darüber sprechen wollen, wie es für dich nach dieser Zeit weiterging.

Es folgte ein langer Krankenhausaufenthalt, mehrere OPs sowie ein Reha-Aufenthalt. Stück für Stück hast du dich dann zurück ans Instrument gewagt. Hattest du dich nach dem Unfall jemals hinterfragt, ob du wieder zurück ans Cello kommst?

Ich habe darüber viel gegrübelt. Natürlich auch, weil ich hierfür zunächst sehr viel Zeit hatte. In den ersten Stunden direkt nach dem Unfall erfüllte mich einfach nur eine seltsame Dankbarkeit, überlebt zu haben. Das war sowohl ein Gefühl von Unsterblichkeit als auch ein Gefühl großer Verletzlichkeit.

Die Ärzt*innen hatten dann sehr schnell die Information von meiner Mutter erhalten, dass ich Profi-Musikerin bin. Meine ersten beiden Fragen waren dann, ob ich in meinem zukünftigen Leben Kinder bekommen könnte und, ob ich jemals wieder Cello spielen kann. Es sagt viel über mich aus, dass ausgerechnet diese Informationen so essentiell für mich waren in dieser Situation.

In den Tagen danach ging es mir körperlich so schlecht, dass ich allerdings zum ersten Mal das Gefühl hatte, dass es egal sei, ob ich jemals wieder spielen können würde. Dies hielt an bis zur Reha.

Um an dieser Stelle nochmals einen kleinen Zeitsprung zu machen. Du hast dich dann nach der Reha wieder ans Cello herangetraut und dich fit für deine Akademie-Stelle geübt und diese auch tatsächlich angetreten. In einem Essay, dass du kürzlich veröffentlicht hast, beschreibst du dann einen Schlüsselmoment:

Während einer Vorstellung der Oper Tosca lösen zwei Pistolen-Schüsse eine Panik-Attacke bei dir aus. Du schaffst es dann unter Tränen die Vorstellung zu Ende zu spielen. Danach suchst du Hilfe bei deiner Traumatherapeutin, die dir rät nochmal abzuwarten, da der Mensch in der Regel 66 Tage benötigt, um sich an einen neuen Umstand zu gewöhnen. Du beschließt es nochmal zu versuchen und sprichst mit deiner Diensteinteilerin, die auch zufälligerweise eine deiner Lehrerinnen an der Hochschule war und dich daher bereits lange kennt. Sie ist die erste, die dich fragt, ob du auch einen Plan B hast. In deinem Essay erzählst du diese emotionale Szene so bewegend, dass man deine Erleichterung wahrlich mitfühlen kann. Kannst du beschreiben, wie sich diese Situation damals angefühlt hat?

Ich kann es eigentlich gar nicht glauben, dass das der erste Moment nach so langer Zeit war, in dem ich mich als Person gesehen gefühlt habe, besonders von einer Person aus dem professionellen Umfeld, in dem ich spezialisiert bin. Einer Person, die um mein Können weiß, jedoch trotzdem akzeptiert, dass es sein könnte, dass ich diesen Beruf nicht weiter ausüben möchte. Das war tatsächlich nochmal ein sehr großer Einschnitt.

Ich weiß nicht, ob es etwas Besonderes ist, dass diese Frage bei uns in der (Musiker)-Familie kein Thema war. Ich möchte meinen Eltern und meinem Umfeld auch hier überhaupt kein Vorwurf machen. Diese große Identifikation mit dem Musiker*innen-Dasein musste bei uns überhaupt nicht groß reflektiert werden, da meine Vorfahren immer das Glück einer (relativ) reibungslosen Karriere hatten. Man beschäftigt sich ja meist erst mit etwas, wenn es nicht mehr klappt. Von daher war ich seit dem Unfall bereits auf einer längeren Selbstfindungsreise. Das war in Teilen natürlich sehr schmerzhaft, da ich festgestellt habe, dass ich gar nicht genau wusste, was ich außer Cellistin sein, noch alles bin. Meine Persönlichkeit in mehreren Facetten zu sehen ist daher definitiv etwas, das ich weiterhin lerne.

„Das war in Teilen natürlich sehr schmerzhaft, da ich festgestellt habe, dass ich gar nicht genau wusste, was ich außer Cellistin sein, noch alles bin. Meine Persönlichkeit in mehreren Facetten zu sehen ist daher definitiv etwas, das ich weiterhin lerne.“

(Josephine Bastian)

Würdest du sagen, dass du ohne dieses Gespräch eine andere Entscheidung getroffen hättest? Schließlich hast du dich kurz vor Ende der Kündigungsfrist dazu entschlossen deine Akademiestelle zu kündigen.

Darauf gibt’s eine ganz klare Antwort: Ich hätte diese Entscheidung auch ohne dieses Gespräch so gefällt. Mein Körper hat mir das sehr deutlich signalisiert und die Schmerzen waren so groß, dass die Antwort eindeutig war. Auch wenn es dazwischen immer wieder Tage der Hoffnung gab, an denen es ein wenig besser ging.

Natürlich ist es eine ganz große menschliche Wertschätzung, die mir da entgegengebracht wurde. Auch, wenn es selbstverständlich sein sollte. Ich hatte allerdings immer wieder das Gefühl gegen große Widerstände anzukämpfen.

Bei dir waren am Ende die Schmerzen ausschlaggebend, dass du deine Karriere nicht weiterführen konntest. Allerdings können Gründe mannigfaltig sein, warum man mit einer musikalischen Karriere aufhört. Öffentliche Beispiele fehlen hier allerdings weiter.

Blickt man allerdings über den Tellerrand hinaus stellt man fest, dass Karriereenden im Sport oder in anderen Hochleistungsbereichen sehr alltäglich sind. Der Körper ist eben nur bis zu einem bestimmten Alter in der Lage auf einem bestimmten Niveau Leistung zu erbringen. In der Musik kenne ich kaum Fälle, in denen Musiker*innen ihre Karriere beendet haben. Es hat hier immer noch etwas von „gescheitert“ sein. Du hast in deinem Essay die versunkene Kostenfalle als eine mögliche Erklärung herangezogen. Wie ist das gemeint?

Die Sunk-Cost-Fallacy (Versunkene Kostenfalle) ist einer diesen großen Denkfehler, dem die Menschen aufgesessen sind. Dabei geht es darum, dass wenn wir schon lange Zeit in etwas investiert haben, es uns ab einem gewissen Punkt immer schwerer fällt, damit aufzuhören. Natürlich ist das ein riesiger Trugschluss – nicht nur im persönlichen, sondern auch im Geschäftsbereich. Jeder Zeitpunkt ist ein guter Punkt, um aufzuhören. Die investierte Zeit ist dabei überhaupt keine valide Messgröße, um zu entscheiden, ob wir aufhören sollten. Allerdings haben wir das automatisch in unser Handeln und Denken implementiert– besonders dann, wenn man bereits, wie in meinem Fall, seit frühester Kind so viel Schweiß und Zeit in das Instrument investiert hat.

Auch die Eltern verstärken ein solches Verhalten oft, wenn sie sagen, dass es „schade“ wäre nun damit aufzuhören. Allerdings vergisst man damit, dass Aufhören auch bedeutet Platz für Neues zu schaffen.

„Jeder Zeitpunkt ist ein guter Punkt, um aufzuhören. Die investierte Zeit ist dabei überhaupt keine valide Messgröße, um zu entscheiden, ob wir aufhören sollten.“

(Josephine Bastian)

Ich höre heraus, dass auch du dem Irrtum der Versunkenen Kostenfalle aufgesessen bist. Wie hast du es geschafft dich davon zu lösen und eine Vogelperspektive zu entwickeln?

Gute Frage – auf die es überhaupt keine einfache Antwort gibt. Das ist ein Prozess, der viel Zeit kostet, mit dem man sich allerdings trotzdem auseinandersetzen muss. Was mir jedoch geholfen hat war, dass ich finanziell in einer extrem prekären Lage war, sodass ich mich zwangsläufig nach Alternativen umsehen musste. Die Unausweichlichkeit der Situation hat mir also keine Wahl gelassen.

In den letzten Monaten habe ich mich dann wieder verstärkt damit beschäftigt, was meine Stärken sind und auf was ich generell Lust habe. Dabei bin ich für mich zu dem Schluss gekommen, dass ich unbedingt wieder etwas lernen möchte.

Ich kenne mein ganzes Leben lang einen Perfektionismus, der mich extrem auf die vielfältigsten Details hat achten lassen. Diese Skills aus meiner Musikerinnen-Ausbildung sind ja nicht einfach verloren. Im Gegenteil, sie sind sogar sehr übertragbar auf andere Berufe. Das ist mir besonders in einem Coaching mit Markus Fischer bewusst geworden.

Absolut. Wahrscheinlich vergisst man diese Softskills in seiner persönlichen Aufzählung viel zu häufig. Mir würde spontan hier direkt noch Disziplin einfallen. Diese Eigenschaft verlernt man nicht automatisch, nur weil man aufhört Musiker*in zu sein. Wir hatten eben bereits die Künstler*innen-Persönlichkeit kurz angesprochen. Kannst du uns mitnehmen, wie du deine „neue“ Identität gefunden hast?

Ich glaube ich habe mich davon noch nicht gelöst und weiß auch nicht, ob das je passieren wird. Aber ich würde sagen, dass ich eine breitere Idee von mir selbst geschaffen habe. (überlegt kurz)

Ich mache jetzt einen seltsamen Vergleich: Ich habe mal ein Bild aus der Trauerarbeit gesehen. Dort war auf weißem Hintergrund ein kleiner schwarzer Kreis, in dem „Trauer“ stand. Es wurde beschrieben, dass dieser mit der Zeit nicht kleiner wird. Allerdings wird der Kreis außen herum (das Leben) wieder größer. Im Verhältnis dazu wirkt der schwarze Kreis dann immer kleiner, obwohl er gleich groß bleibt. Ich habe versucht durch verschiedene Ressourcen das „Drum herum“ zu vergrößern. Das waren vor allem Gespräche mit Freund*innen oder das Herausfinden persönlicher Leidenschaften und Stärken. So ähnlich verhielt es sich auch bei mir. Meine Künstlerinnen-Persönlichkeit ist nicht geschrumpft – ich denke, das geht auch gar nicht.

„Diese Skills aus meiner Musikerinnen-Ausbildung sind ja nicht einfach verloren. Im Gegenteil, sie sind sogar sehr übertragbar auf andere Berufe.“

(Josephine Bastian)

Was schreibst du beim Ausfüllen von Formularen in das Berufsfeld?

Das ist tatsächlich zur Zeit der größte Struggle. Ich bin (bezogen auf das Cello aber auch sonst) körperlich aktuell nicht in der Lage auch nur halbtags zu arbeiten. Das absolute Maximum, was ich derzeit leisten kann, sind 1-2 Stunden. Manchmal, wenn ich viel freie Zeit drum herum habe, kann ich auch mal an einem Tag 3-4 Stunden arbeiten. Allerdings nicht auf täglicher Basis. Daher ist mein aktueller Status arbeitslos. Das ist jedoch nur mein Status im System und nicht das, was ich noch alles bin. Ich bin Cellistin, Cello-Lehrerin, Journalistin – ich mache von allem ein ganz kleines bisschen.

Der Podcast hier wurde kürzlich 2 Jahre alt und ich habe versucht meine größten Learnings aus den insgesamt 17 Interviews zusammenzutragen. Dabei kam mir ein Zitat von Prof. Eckart Altenmüller wieder in Sinn, der meinte, dass man jungen Menschen an den Hochschulen mitgeben muss, dass ein Leben außerhalb des Orchesters gut und wichtig sei.

Was müsste sich deiner Meinung (und deiner eigenen Erfahrung nach) im Hochschulbetrieb ändern, damit junge Menschen weniger Stress empfinden, eine Alternative zu ihrer musikalischen Karriere zu finden?

Dafür bin ich glaube ich nicht eng genug mit den Strukturen im Hintergrund der Hochschulen vertraut. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass gut beworbene Informationsveranstaltungen zum Berufsbild (in und außerhalb des Musikbereichs) und zum Karriere-Aufbau helfen. Besonders die großen Hochschulen versuchen dies mit Career Centern zu erfüllen. Aus meiner Sicht ist das fast die wichtigste Institution.

Wie sieht dein (Übe)-Alltag heute aus? Die äußere Struktur (durch Üben, Proben etc.) gibt es bei dir so in dieser Form wie früher ja nicht mehr.

Inzwischen funktioniert das oft in Energieschüben. Wenn gerade keine Proben und Konzerte anstehen, fällt es mir allerdings auch deutlich schwerer. Ich habe jedoch gemerkt, dass für mich das Instrument in die Hand zu nehmen – und sei es nur für 20 Minuten –  ebenso wichtig ist wie meine morgendliche Yoga-Praxis. Mir fehlt dann richtig was, wenn ich mal 1-2 Wochen nicht üben kann.

Was lernst (übst) Du gerade, was Du noch nicht kannst?

Geduld zu haben. Daran arbeite ich eigentlich schon seit einer ganzen Weile. Gar nicht nur in Bezug auf den Fortschritt am Instrument, sondern auch in Beziehungen zu meinen Mitmenschen.

„Geduld zu haben. Daran arbeite ich eigentlich schon seit einer ganzen Weile. Gar nicht nur in Bezug auf den Fortschritt am Instrument, sondern auch in Beziehungen zu meinen Mitmenschen.“

(Josephine Bastian)

Welchen Tipp würdest Du Deinem jüngerem, Erstsemester-Musikstudenten-Ich gerne mitgeben, um den Du damals froh gewesen wärst?

Es geht nicht um Leben und Tod. Es geht darum jeden Tag zu genießen, auch wenn es wie ein Kalenderspruch klingt. Eine Wertschätzung für die eigene Gesundheit zu haben und sich daran zu erinnern, dass diese nicht selbstverständlich ist, finde ich extrem wichtig.

Allerdings muss ich mir auch Credits dafür geben, dass ich mein Studium schon ziemlich mutig und vielseitig gestaltet habe. Vor allem bin ich froh, dass ich den Schritt gewagt habe und für den Master nach Amerika gegangen bin. Das kann ich jedem nur empfehlen – und vielleicht meinem Erstsemester-Ich bereits etwas früher, als erst im Master.

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