Resilienz | https://what-is-practice.de/tag/resilienz/ BLOG Wed, 27 Mar 2024 15:02:54 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.6.2 https://what-is-practice.de/wp-content/uploads/2020/06/cropped-logo-wip-bunt-32x32.png Resilienz | https://what-is-practice.de/tag/resilienz/ 32 32 Wie übt eigentlich Peter Laib? https://what-is-practice.de/wie-uebt-eigentlich-peter-laib/ https://what-is-practice.de/wie-uebt-eigentlich-peter-laib/#respond Fri, 11 Feb 2022 16:12:52 +0000 http://what-is-practice.de/?p=4321 Peter Laib kennen die meisten sicher durch Ernst Hutter & seine Egerländer Musikanten - oder als Groove-Maschine bei Moop Mama. 

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Peter Laib kennen die meisten sicher durch Ernst Hutter & seine Egerländer Musikanten – oder als Groove-Maschine bei Moop Mama. Zufällig bin ich im letzten Jahr über seinen Aufruf zur Teilnahme an der Studie zu seiner Master-Arbeit in Mentalcoaching gestoplert. Als er diese kürzlich abgegeben hat, war ich natürlich neugierig, wie die Studie so gelaufen ist und, ob seine Methode erfolgreich war.

Mit Peter hatte ich aber nicht nur einen Mentalcoach als Gast, sondern natürlich auch einen fantastischen Musiker. Die Gelegenheit habe ich genutzt, um möglichst viel über seinen Übe-Alltag zu erfahren. 

Peter Laib mit Tuba
Peter Laib (Foto © Felix Steiner)

Aber keine Angst, auch für alle nicht Blechbläser ist die Folge super interessant.

Mehr zu Peter könnt ihr hier finden:
www.peterlaib.com

Lieber hören statt lesen?

Die Folge mit Peter Laib lässt sich auf allen bekannten Streaming Plattformen kostenlos anhören:

Das Interview

Übersicht

Vervollständige folgenden Satz: Üben heißt für Dich….

Üben bedeutet für mich Spaß haben, kreativ sein und immer wieder auch dasselbe tun.

Das ist interessant. Darauf kommen wir später in jedem Fall noch zu sprechen. Welche Musik (Album / Künstler) läuft bei dir gerade in Dauerschleife?

Bei mir läuft immer Motown-Musik in Dauerschleife. Ganz gleich welche: Jackson 5, Stevie Wonder. Hier habe ich immer Playlists, die regelmäßig laufen.

Welche CD hat Dich musikalisch (auf Dein Spiel bezogen) am meisten geprägt?

Ich glaube tatsächlich Stevie Wonder. Was Groove-Musik angeht ist er auf jeden Fall mein Hero.

Im Speziellen ein Album oder einfach alles?

Ich glaube alles einfach. Ich habe so ziemlich jedes Album auf Vinyl – aber ein Spezielles könnte ich nicht nennen. Generell sein Stil einfach, wie er singt und wie musikalisch das ist. Vor allem wie perkussiv und groovig alles gespielt ist, gefällt mir wahnsinnig.

Übe-Alltag: „Der Realitätscheck“

Gerade gestern (wir nehmen am Montag, 17.01.2022 auf) habe ich gesehen, hast du mit Ernst Hutter & den Egerländer Musikanten in Biberach gespielt. Hast bist vor kurzem an deiner Master-Arbeit gesessen und das Hörspiel „Der Ulm-Träumer“ produziert. In Nicht-Pandemie-Zeiten tourst du zusätzlich noch mit Moop Mama viel. Kannst du uns mal mitnehmen in einen typischen Übe-Alltag von dir?

Außerhalb der Pandemie sah das eigentlich immer so aus, dass man am Wochenende auf Tour beim Spielen war. Montags war dann erst einmal gar nichts angesagt, sondern: Erholen, Pause machen, Lippen ausruhen.

Von Dienstag bis Donnerstag habe ich dann immer richtig geübt. Vormittags immer zwischen zwei und drei Stunden. Freitagmorgens, falls noch Zeit war und man nicht bereits Donnerstagabend abreiste, noch so viel Üben, wie möglich. Aber meistens eher in Richtung warm spielen, Mundstück spielen. Circa 20 Minuten.

Wenn wir mit Moop Mama dann manchmal über eine längere Zeit am Stück unterwegs sind, muss man sich natürlich ganz anders vorbereiten. Und natürlich auch auf der Tour täglich bestimmte Sachen machen, um durchzuhalten und damit die spielerische Qualität gleichbleibt.

Dann bist du eher der Early Bird, der morgens früh um 9h dann mit seiner Routine beginnt?

Genau, das hat sich letztlich so ergeben. Für mich persönlich sind Routinen im Allgemeinen auch total wichtig. Ohne feste Zeiten klappt es bei mir nämlich meistens nicht. Wenn ich sage „Ich übe heute mal eine Stunde“, habe dann aber keine feste Uhrzeit zum Starten, dann wird es oft verschoben und die Prokrastination gewinnt.

Aktuell in der Corona-Zeit verschwimmen diese Routinen etwas und ich übe eher projektbezogen. 

Morgens übe ich dann eher die Sachen, bei denen ich das Gefühl habe, total wach sein zu müssen. Die kreativen Dinge übe ich dann eher am Abend.

„Ohne feste Zeiten klappt es bei mir nämlich meistens nicht. Wenn ich sage „Ich übe heute mal eine Stunde“, habe dann aber keine feste Uhrzeit zum Starten, dann wird es oft verschoben und die Prokrastination gewinnt.“

(Peter Laib)

In deiner ersten Antwort hast du vorhin bereits etwas Spannendes gesagt, nämlich „Üben heißt für dich immer auch dasselbe zu machen“.
Würdest du sagen, dass du beim Üben dann versucht Routinen bewusst einzustudieren? Oder bist du auch jemand, der versucht das gleiche Ziele über verschiedene Wege und Tools zu erreichen?

Ich versuche es mal zu erklären: Für mich hat sich eine kurze, feste Übe-Routine inzwischen bewährt. Diese ändere ich in der Regel alle drei Monate.

Diese Routine (circa 30 Minuten) kann ich dann nach ungefähr zwei bis drei Wochen ganz gut. Sie ist dann meine Referenz, wie fit ich aktuell bin.

In dieser Routine sind Atem-Übungen, Mundstück und Tuba spielen enthalten. Nach den 30 Minuten weiß ich dann ziemlich genau, in welchen Bereich es gerade „klemmt“. Zum Beispiel Bindeübungen, die nicht so gut klappen – ein Anstoß, der etwas indirekt ist. Oder der Sound, der etwas zu eng ist.

Anhand dieser Erkenntnis kann ich dann entscheiden, was ich genau an Übungen brauche, um mich an diesen, eben ausgemachten Schwachstellen, zu verbessern. Andernfalls übt man ja oftmals irgendetwas, ohne Konzept.

Für mich ist immer wichtig, dass Üben Sinn macht. Ich möchte immer daran arbeiten, wo ich aktuell Defizite habe bzw. wo ich vorhabe, mich wirklich zu verbessern. Das ist im Grunde meine Idee beim Üben.

Also am Ende wie ein kleiner „Realitätscheck“, der dir verrät, wo du gerade stehst. Anschließend gehst du dann gezielt ein Problem (deep-dive mäßig) an.

Genau. Und dadurch, dass man diese halbe Stunde über einen längeren Zeitraum macht, bekommt man ein gutes Gefühl dafür wie gut etwas geht.

In dieser Zeit wird alles abgedeckt: von pianissimo bis fortissimo, schnell, langsam, Technik, Chromatik, ein paar Tonleitern, Bindeübungen und Naturtonreihen – eben alles, was man so macht als Bläser. Das ist dann der Check-Up und dann geht es, wie du sagst, deep-dive in einen Bereich.

Hast du immer schon nach diesem Konzept geübt oder ist das eher etwas Neues?

Nein, das Konzept habe ich vor circa vier bis fünf Jahren für mich entdeckt. Und sicher ist es auch keine Neuerfindung.

Mir ist es irgendwann einmal auf Tour mit den Egerländern aufgefallen. Hier sind wir ja im Grunde zwei Generationen: einmal meine Generation und dann Musiker, die circa 25-30 Jahre älter sind. Vor allem die älteren Kollegen, die schon lange im Business sind, spielen sich immer mit den gleichen Sachen ein.

Ich habe damals immer wieder neue Übungen zum Einspielen genommen. Dann kam aber die Erkenntnis, dass man nur an den gleichen Übungen erkennt, wie fit man eigentlich gerade ist.

„Für mich ist immer wichtig, dass Üben Sinn macht. Ich möchte immer daran arbeiten, wo ich aktuell Defizite habe bzw. wo ich vorhabe, mich wirklich zu verbessern. Das ist im Grunde meine Idee beim Üben.“

(Peter Laib)

Atmung, Atmung, Atmung

Deine Bachelor-Arbeit ging über die Atumung. Auf deinem Patreon-Kanal habe ich gesehen, dass du die Arbeit damals mit deinen Arnold Jacobs Zitat über das Autofahren begonnen hast. Was war denn damals die größte Erkenntnis dieser Arbeit?

Meine größte Erkenntnis danach war, dass 99% des Könnens als Bläser*in von der Atmung abhängt. Und, dass für mich Begriffe wie Ansatz oder Ähnliches, fast vernachlässigbar sind, wenn die Atmung gut funktioniert.

Gerade auch die Schule von Arnold Jacobs verfolgt im Grunde diese Herangehensweise. Wenn man sich damit viel beschäftigt, lösen sich ganz viele Probleme quasi von selbst.

Hattest du damals auch konkrete Übungen dazu entwickelt oder was war deine Herangehensweise?

In der Bachelor-Arbeit habe ich nur den Unterschied zwischen der Blechbläser-Atmung und der normalen Atmung herausgearbeitet.

Dazu kamen noch mögliche Ursachen, die die Blechbläser-Atmung verschlechtern können. Zum Beispiel, wenn man eine schwere Skoliose oder ein schweres Asthma hat.

Allerdings hatte Arnold Jacobs, meines Wissens nach, bloß einen Lungenflügel. Er war dennoch sehr lange Mitglied im Chicago Symphony Orchestra. Wenn man sich Aufnahmen von ihm anhört, ist sein Sound wirklich unglaublich. Er hat quasi bewiesen, dass mit der richtigen Atemtechnik alles super gut funktionieren kann.

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Also sprach Arnold Jacobs (Buch)

Arnold Jacobs war Tubist und spielt 44 Jahre im Chicago Symphony Orchestra. Das „Buch“ von dem wir hier sprechen heißt „Also sprach Arnold Jacobs“.* Denn neben seiner musikalischen Tätigkeit, galt Jacobs auch als exzelenter Pädagoge. 

Die Anekdote mit nur einem Lungeflügel konnte ich nicht bestätigen. Allerdings muss er wohl, aufgrund von Asthma und einer Krebsbehandlung später, nur ein sehr eingeschärnktes Lungenvolumen gehabt haben.

Seine Hauptphilosophie war daher, die Atmung und die Atmentechnik in den Vordergrund zu rücken. 

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Ich habe das Buch selbst vor Jahren mal gelesen und extra für die Folge wieder aus dem Schrank gekramt. Was ich damals schon bemerkenswert fand, dass er oft schreibt, man solle „vom Ziel her denken“. Also nicht die Methode diktiert das Spiel, sondern die Musik. Ist das auch dein Credo geworden?

Ja, das würde ich schon sagen. Wobei, seitdem ich mich mit Mentaltraining so viel beschäftige, würde ich noch ergänzen: Das Mindset und der Sound gehen über alles!

Bei mir ist so, dass ich auf der Tuba zuerst schaue, dass ich gut klinge. Denn das ist unser Job. Und dann kommt erst alles andere: der Rhythmus, die Töne, die Technik usw.

Andernfalls interessiert es niemand, wenn ich zum Beispiel wahnsinnig schnell und rhythmisch komplex spiele, aber es schlecht klingt. Daher steht der Sound für mich ganz weit oben.

Aber inzwischen eben auch das Mindset. Weil, was bringt mir der schöne Sound, wenn man beispielsweise keine Liebe oder keine Authentizität in der Musik spürt. Das kommt für mich noch hinzu.

„Meine größte Erkenntnis danach war, dass 99% des Könnens als Bläser*in von der Atmung abhängt. Und, dass für mich Begriffe wie Ansatz oder Ähnliches, fast vernachlässigbar sind, wenn die Atmung gut funktioniert.“

(Peter Laib)

„Das Instrument im Kopf“

Das ist spannend. In dem Arnold Jacobs Buch gibt es am Ende ebenfalls eine Stelle, an der er sagt, dass man im Grunde zwei Instrumente spielt. Das Instrument im Kopf und das, was man in der Hand hält. War Arnold Jacobs dann ein Grund für das Mentalcoaching-Studium?

Nein, das kam woanders her. Allerdings war Arnold Jacobs definitiv die Initialzündung umzudenken. Mehr in Richtung Atmung und weniger „mache ich alles perfekt mit der Muskulatur um den Mund“.

Das mit dem Mentaltraining kam bei einem privaten Spaziergang. Ich spiele leidenschaftlich gerne Alphorn und schreibe auch gelegentlich für Alphorn-Ensemble.

Da, wo ich herkomme, ist ein großer Wald und dieser ist mein Kraft- und Ruheort. Bei einem Spaziergang durch diesen Wald, kam der Gedanke, dass ich gerne irgendwann mal – anstelle des auf die Dauer anstrengenden Tourlebens – etwas machen möchte, wo ich zu Hause wäre und in der Natur bin. Daraufhin entstand die Idee mit ein bis zwei Personen Alphorn-Kurse im Wald zu geben.

Damit dies allerdings nicht rein musikalisch bleibt, wollte ich die Kurse um ein Kommunikationstraining ergänzen. Allerdings hatte ich Bedenken, dass es dann schnell zu esoterisch klingen würde. So kam ich zu dem Entschluss, dass ich noch zusätzlich eine gute und fundierte Ausbildung in der Richtung Mentaltraining brauche.

Meine Idee war es, dass ich ein Team von einer Firma mit in den Wald nehme und dort ein Kommunikationstraining mit Alphörnern anbiete. Das war im Jahr 2017.

Wie lief das damals dann konkret ab, dass du mit einem musikalischen Bachelor den Master of Science in Mentalcoaching an der Universität Salzburg machen konntest?

Das Institut, an dem man studiert, nennt sich „Mental College Bregenz“ und ist eine Mentaltrainier Schule, die mit der Universität Salzburg kooperiert. Dadurch erhält man schlussendlich auch den akademischen Abschluss.

Das Studium ist ein nebenberufliches Studium. Der Master-Zulassung erhält man dann, wenn man ein Bachelor-Studium, oder Diplom Studium, in einem pädagogischen oder psychologischen Fachbereich absolviert hat. Ich hatte mein Studium mit dem Dipl. Musiklehrer abgeschlossen.

Das Besondere an dem Master-Studium ist, dass man sowohl bei Professor*innen als auch Mentaltrainer*innen, die viel Erfahrung unter anderem mit Sportler*innen haben, Unterricht erhält.

Ich musste selbst insgesamt 200 Praxisstunden machen. Das heißt, ich habe mir immer Freunde und Bekannte gesucht und sie nach möglichen Themen gefragt, an denen sie mental arbeiten wollen.

Inzwischen mache ich das auch bereits nebenberuflich und habe ein paar „Mental-Kunden“.

„Seitdem ich mich mit Mentaltraining so viel beschäftige, würde ich noch ergänzen: Das Mindset und der Sound gehen über alles!“

(Peter Laib)

Ich durfte ja Teil deiner Studie sein (ich hoffe, ich darf das an dieser Stelle sagen) – und dein Ziel war es ja mit verschiedenen „Theatern“ (Starttheater, Jetzt-Erst-Recht-Theater) einen besseren Start ins Üben zu finden. Kannst du nach deiner Arbeit nun sagen, dass diese Methode funktioniert?

Die Arbeit besteht auf einer bereits bestehenden mentalen Intervention, die sich Rollenspiel nennt. Leider kann ich aktuell noch keine finalen Ergebnisse sagen, da noch geprüft wird, ob ich mich nicht eventuell verrechnet habe.

Allerdings das Rollenspiel „Starttheater“ sah in der Auswertung so aus, als ob es gewirkt habe. Also eine signifikante Verbesserung.

Bei der Intervention tut man so als ob, körperlich und physisch erlebend, und steigert sich letztlich in eine Rolle hinein. Es scheint so, als ob dann die Chance höher sei wirklich mit dem Üben zu beginnen und es nicht zu verschieben.

Übst du selbst nach diesem Muster?

Auf jeden Fall benutze auch ich diese Methoden.

Ich sehe das so: Ich habe einen Werkzeugkoffer mit ganzen vielen mentalen Interventionen. Da alle Tage sich auch ein wenig voneinander unterscheiden.

Der eine Tage ist mal total schlecht, weil man einen Misserfolg gehabt hat und dann benötigt man eine bestimmte mentale Intervention.

Dann gibt es aber auch tolle Tage, an denen alles wie selbst zu laufen scheint. Natürlich braucht man dann keine Intervention.

So ein Werkzeugkoffer mit mentalen Interventionen ist wie eine Geheimwaffe, die niemand sieht – aber die man trotzdem immer bei sich trägt. Dadurch hat man große Vorteile, weil man flexibel auf bestimmte Ereignisse reagieren kann.

Peter Laib mit Tuba
Peter Laib (Copyright © Felix Steiner)

Mein Werkzeugkoff

Kannst du uns dafür mal ein Beispiel geben?

Da gibt es eine Übung, die ich auch gerade selbst mache. Und zwar geht es darum wie man der generell negativen Stimmung, auch wegen der Pandemie, etwas entgehen kann.

Man schnappt sich einen Song, mit dem man positiv verbunden ist. Bei mir wäre das Stevie Wonder „You are the sunshine of my life“. Ich empfehle einen Song, der nicht länger als drei Minuten geht.

Man zählt während des Liedes auf, entweder laut oder in Gedanken, wofür man gerade dankbar ist. Sowohl im beruflichen, als auch im privaten Kontext.

  • Ich bin happy, dass ich bei den Egerländern spiele.
  • Ich bin unglaublich glücklich, dass ich mit einer Band wie Moop Mama auf so großen Festivals spielen kann.
  • Ich bin dankbar, dass ich Musiker bin.
  • Ich freue mich, dass ich so eine tolle Partnerin habe.

So kann man es schaffen, innerhalb von kurzer Zeit, negative Gedanken auszublenden und eine sogenannte positive Affektlage herzustellen.

Jeder kennt es ja: Wenn du schlecht gelaunt bist, fällt alles viel schwerer. Und seitdem ich diese Übung entdeckt habe, mache ich sie auch selbst bevor ich anfange zu üben.

Man investiert einfach zwei Minuten und schon schafft man es, gute Laune zu haben.

Gerade in unserer Branche ist es brutal mit Existenzängsten und Sinnkrisen. Deshalb finde ich es wichtig, dass man zur Zeit solche kleinen Interventionen macht, um vorzubeugen und sich das Leben etwas leichter zu machen. Weil es geht. Man kann es sich leichter machen, wenn man möchte.

„So ein Werkzeugkoffer mit mentalen Interventionen ist wie eine Geheimwaffe, die niemand sieht – aber die man trotzdem immer bei sich trägt.“

(Peter Laib)

Das ist ein guter Tipp. Vor allem, um dann im Übezimmer auch direkt in den Fokus zu kommen und sich nicht nochmal durch äußere Faktoren (wie Handy oder Ähnliches) ablenken zu lassen.

Ja, absolut. Ich finde solche kleinen Interventionen auch perfekt, um diesen Rollenwechsel zu schaffen. Also der Peter, der gerade in der Rolle des Partners am Frühstückstisch saß, geht jetzt in die Rolle Peter, der Berufsmusiker und beginnt zu üben. Dann spiele ich diese Rolle zwei Stunden und versuche alle anderen Rollen dabei auszublenden.

Das ist natürlich ein wenig vereinfacht gesagt – und vielleicht auch ein bisschen hart – aber für solche Situationen finde ich diese Intervention super, um einen Transfer beim Ankommen zu haben.

Normalerweise mache ich das auch gerne mit Atemübungen. Das kann ja auch eine meditative Geschichte sein.

Aber ich finde es auch zu schön, diese Intervention zu üben. Manche tun sich schwer, einfach mal zwei Minuten nur positive Dinge aufzuzählen. Dagegen zwei Minuten über die Pandemie jammern, ist ganz leicht. Natürlich kann ich das verstehen. Schließlich sind es auch heftige Probleme, die manche haben.

Du hast vorhin die Rollenteilung zwischen Partner und Musiker angesprochen. Ist das auch unter anderem ein Grund für deinen freien Tag in der Woche?

Vor der Pandemie war das definitiv so. Jetzt versuche ich das ebenfalls beizubehalten, auch wenn gerade keine Konzerte stattfinden.

Es sind dann aber eher kleine Dinge, wie das Handy bewusst beim Spazierengehen zu Hause lassen. Um nicht ständig an den Wahnsinn erinnert zu werden.

Wenn ich es dann mal nicht schaffe, kann es dann auch mal passieren, dass mich meine Freundin freundlich daran erinnert.

Was lernst (übst) Du gerade, was Du noch nicht kannst ? (gerne auch nicht musikalsich)

Ich habe mir gerade ein Buch gekauft, in dem es darum geht, alle Akkorde kennenzulernen. Das Buch ist speziell für Musiker*innen, die bereits eine Ausbildung hinter sich haben. Und hier möchte ich mich gerade weiterbilden, vor allem auch als Komponist. Weil ich mir denke, wie soll ich etwas komponieren, wenn mir die Vorstellungskraft für bestimmte Klänge nicht in meinem Kopf habe.

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Ich möchte diese Akkorde vor allem auch auf dem Klavier drücken können. Obwohl ich schon für das Studium Klavier geübt habe, bin ich hier nicht so der „Hero“.

Das Buch ist vor allem deshalb auch gut, weil es wie ein Workbook aufgebaut ist.

Außerdem steht noch die Abschlussprüfung an. Das heißt ich habe auch noch ein Buch, zum Thema Differentielle und Persönlichkeitspsychologie, vor mir liegen.

Was motiviert dich?

Generell erst einmal die Freude an der Sache selbst. Mir macht es jedes Mal großen Spaß Tuba zu spielen.

Dann ist es natürlich eine große Motivation, sobald man wieder auf die Bühne darf, fit zu sein. Wieder Vollgas geben zu können und Leute mit Musik glücklich zu machen. Ich glaube, das ist eigentlich meine größte Motivation.

Und – eine ganz andere Motivation ist, es einfach zu schaffen. Ich will durch die Krise durch als Musiker und danach auch wieder als Musiker weiterarbeiten. Für mich ist es keine Option mein ganzes Leben umzukrempeln.

Obwohl du ja ein „sicheres Backup“ in der Hand hättest. Auf deiner Homepage habe ich gesehen, dass du eine Ausbildung als IT-Systemelektroniker mal gemacht hast.

Ja, richtig. Aber ganz ehrlich – da will ich eigentlich nicht mehr hin. Das war damals (2004/2005) so. Erst einmal, ganz schwäbisch, eine Ausbildung machen Aber ich habe hierzu keinen Bezug mehr.

Ich glaube, ich würde dann heute eher etwas in Richtung Mentaltraining machen. Hier möchte ich auch Gas geben, weil es macht mir mega Spaß mit Leuten zusammen zu arbeiten, deren Probleme herauszufinden, um dann die richtigen Interventionen zu erarbeiten.

Vor allem auch in der Kombination mit anderen Musiker*innen stelle ich mir das sehr gewinnbringend vor?

Absolut. Ich kann es auch nur jedem empfehlen.

Das Mentaltraining, so wie ich es jetzt gelernt habe, kratzt ja nicht nur an der Oberfläche, sondern man schaut schon ein wenig genauer hin. Was sind die eigentlichen Themen und die Ursachen? Meistens haben die gar nichts damit zu tun, warum man auf der Bühne steht und plötzlich nervös ist. Die Ursachen liegen dann manchmal im Privaten, oder anderswo und die Intervention gehen dahin.
Ganz viele melden anschließend zurück „Wow, hätte ich das dann schon vor zehn Jahren gewusst.“

Leider wird dieses Thema in der Musikszene noch viel zu sehr unterschätzt. Die Sportler haben hier bereits ein ganz anderes Verhältnis. Unter Musiker*innen traut man sich das noch gar nicht so recht zu sagen. Aus Angst zugeben zu müssen, das andere denken, man hätte hier vielleicht ein Problem.

Dieses Schubladendenken aufzulockern, das ist meine Mission in den nächsten Jahren.

„Und – eine ganz andere Motivation ist, es einfach zu schaffen. Ich will durch die Krise durch als Musiker und danach auch wieder als Musiker weiterarbeiten. Für mich ist es keine Option mein ganzes Leben umzukrempeln.“

(Peter Laib)

Welchen Tipp würdest Du Deinem jüngerem, Erstsemester-Musikstudenten-Ich gerne mitgeben, um den Du damals froh gewesen wärst?

Halt dir alle Optionen offen und stelle dich auf alles ein. Übe so viel, wie es geht im Studium – danach hat man die Zeit nicht mehr. Wenn man es von Herzen macht, wird es so oder so gut.

Und generell als Tipp: Kümmert Euch ein wenig um das Selbstmanagement – genau das, was man an der Hochschule nicht lernt. Rechnungen schreiben beispielsweise. Das macht am Ende viel aus.

„Dieses Schubladendenken aufzulockern, das ist meine Mission in den nächsten Jahren.“

(Peter Laib)

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Mentale Gesundheit bei Musikerinnen und Musikern https://what-is-practice.de/mentale-gesundheit-nathalie-mong/ https://what-is-practice.de/mentale-gesundheit-nathalie-mong/#respond Mon, 11 Oct 2021 18:00:22 +0000 http://what-is-practice.de/?p=3888 Mental Health mit Dipl. Psych. Nathalie Mong Die Expertin Die Expertin für die erste Sprechstunde zum Thema Mentale Gesundheit („Mental Health“) ist Nathalie Mong. Rock- und Popmusik spielte im Leben von Nathalie schon immer eine bedeutende Rolle. In ihrer Jugend war sie Sängerin in Popbands. Beeinflusst von dem, was MTV zu der Zeit zu bieten… Weiterlesen »Mentale Gesundheit bei Musikerinnen und Musikern

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Mental Health mit Dipl. Psych. Nathalie Mong

Die Expertin

Die Expertin für die erste Sprechstunde zum Thema Mentale Gesundheit („Mental Health“) ist Nathalie Mong.

Rock- und Popmusik spielte im Leben von Nathalie schon immer eine bedeutende Rolle. In ihrer Jugend war sie Sängerin in Popbands. Beeinflusst von dem, was MTV zu der Zeit zu bieten hatte. Auch ihre Praktika beim Radiosender Fritz in Potsdam-Babelsberg brachten sie stärker mit der Welt der Musik in Kontakt. Bis heute singt sie leidenschaftlich gern und arbeitet an ihrer Stimme.

Dipl. Psych. Nathalie Mong
Dipl. Psych. Nathalie Mong

Nathalies zweites großes Interesse ist die Psychologie. Nach ihrem Diplomstudium in diesem Fach und einer Ausbildung zur Psychotherapeutin wollte sie diese beiden für sie wichtigen Felder zusammenbringen. Bei ihrer Suche nach neuen Ansätzen hierzu stieß sie auf die Musikermedizin, die sich mit speziellen körperlichen und psychischen Erkrankungen dieser Berufsgruppe befasst und bildete sich darin weiter.

Die Forschung auf diesem Gebiet interessiert sie ebenfalls sehr. Als Autorin für Fachzeitschriften setzt sie sich mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen aktiv auseinander. Bis 2020 bot Nathalie eine Spezialsprechstunde für Berufsmusiker*innen am Psychotherapeutischen Gesundheitszentrum in München an, wo sie parallel als stellvertretende Leitung tätig war.

Aktuell bietet Nathalie private Psychotherapie und Coaching speziell für Rock-/Pop-Musiker*innen an und gibt Workshops zum Thema mentale Gesundheit. 

Mehr zu Nathalie auf Instagram: musicandsoul_nathalie

Die Sprechstunde

Das Thema mentale Gesundheit ist in der Musik-Branche  aktuell sehr präsent. Wie kommt es, dass gerade (selbstständige) Musiker*innen so oft mit psychischen Problemen zu tun haben?

Es gibt eine Kombination von Risikofaktoren, die speziell in der Musikbranche auftreten. Diese führen nicht zwangsläufig zu Beschwerden, da jeder Mensch anders reagiert. Sie kann aber, ohne das Bewusstsein dafür und geeignete Coping Strategien im Umgang damit, die Wahrscheinlichkeit von psychischen Problemen erhöhen.

Zu diesen Faktoren gehören u.a.:

  • extremes Arbeitspensum und Arbeitszeiten
  • unregelmäßige Schlafenszeiten oder zu wenig Schlaf,
  • schlechte Ernährung und andere Folgen von vielem (low Budget) Reisen
  • hoher Druck auf den Punkt zu performen
  • mangelnde finanzielle Sicherheit- und Planbarkeit
  • niedrige Gagen, leichte Verfügbarkeit und hohe Akzeptanz von Alkohol sowie Drogen
  • in der Regel hohe Identifikation mit der eigenen Arbeit
  • Erwartung der ständigen Verfügbarkeit
  • weniger Grenzen zwischen Privatem und Arbeit, evtl. komplett gleicher Freundeskreis
  • wenig Verständnis und Unterstützung von Menschen außerhalb der Branche 

Selbstwirksamkeit und Resilienz sind uns als Stichworte spätestens seit der Corona-Pandemie sehr vertraut. Gibt es hier spezielle Strategien und Techniken für Musiker*innen, die auch der Tatsache Rechnung tragen, dass musikalische Resultate meist langfristige Prozesse sind?

Ich kenne ehrlich gesagt, zu den beiden Bereichen keine Strategien, die nur für Musiker*innen anwendbar wären. Eine hohe Selbswirksamkeitserwartung (=Die subjektive Gewissheit, neue oder schwierige Anforderungen souverän bewältigen zu können) ist u.a. ein wichtiger Bestandteil von Resilienz (psychische Widerstandsfähigkeit einer Person).

Zur Verbesserung der Selbstwirksamkeit, ist es wichtig, sich gut zu kennen, damit man sich (Übungs-) Ziele setzt, die zwar eine Herausforderung, aber keine Überforderung sind. Umgib dich mit unterstützenden Menschen, die an dich glauben. Es hilft auch, sich Mentor*innen zu suchen, die schon das erreicht haben, was du möchtest (oder lies Bücher von ihnen/höre Podcasts). Positive Modelle, in Bezug auf sein Ziel im Leben zu haben, hilft.  

Für den Bereich Resilienz finde ich persönlich wichtig, sich Humor und Optimismus zu erhalten. Man kann sich in einer schwierigen Situation gezielt fragen, wie diese aussehen würde, wenn man sie mit Humor betrachtet. Investiere in ein positives, ehrliches und unterstützendes Umfeld und lerne Achtsamkeit.   

Wie gehst du mit negativen Gedanken während des Übens um?  (Typisches „Heute klappt gar nichts.“)

Ich mache mir klar, dass ich kein Roboter bin. Es ist ok, dass meine Leistungen daher in Abhängigkeit der Tagesform schwanken können. Da ich achtsam bin, versuche ich den Gedanken „Heute klappt gar nichts“ und den Frust darüber nur zu registrieren. Mit einem Fokus auf die Gegenwart versuche ich nicht in diese Abwärts-Grübel-Selbstabwertungsspirale zu geraten.

Praktisch würde ich mir eine Pause gönnen und etwas machen, was mir einfach „nur“ Freude und Spaß bringt z.B. Tanzen und mich voll darauf konzentrieren. Danach probiere ich es nochmal mit dem Üben. 

Barbara Barth

Sind Musiker*innen gefährdeter für psychische Probleme, Barbara Barth?

“Ich glaube wir als Musiker*innen kommen nie nach Hause. Wir sind immer mit unserer Musik und unserem Instrument verbunden. Das lässt sich nur schwerlich trennen. Als Musiker*in erlebt man eine musikalische Niederlage auch immer als eine persönliche.”

Hat sich der Druck auf junge Musiker*innen durch die sozialen Netzwerke erhöht oder überwiegen weiter die Vorteile?

Es gibt Risiken, die mit der übermäßigen und unreflektierten Nutzung von sozialen Medien zusammenhängen. Die Stimmung sinkt bis hin zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Depressionen. Durch die ständigen (unrealistischen) Vergleiche sinkt der Selbstwert. Sogar die Beziehung zum eigenen Körper kann sich verändern.

Auf der anderen Seite sind soziale Medien momentan das unmittelbarste Marketing Tool von Musiker*innen. Bei einem bewussten Umgang (z.B. Limitierung der Zeit in sozialen Medien, Erhalt eines sozialen Netzwerks im realen Leben / klare Social Media Strategie / Wie will ich mit Hasskommentaren umgehen?) überwiegen aus meiner Sicht aktuell die Vorteile. 

„Positive Modelle, im Bezug auf sein Ziel im Leben zu haben, hilft.“

(Nathalie Mong)

Was wäre dein Rat gegen zu viel Perfektionismus?

Sich zuerst bewusstmachen, was genau meine Erwartung an mich selber ist und warum ich das ändern will. Ist die Erwartung z.B. ich muss immer 120% geben, dann würde ich mir gezielt Situationen in meinem Alltag suchen, wo ich mich traue mal „nur“ 100% zu geben und achtsam die Folgen beobachten. Passiert das, was ich befürchte (andere mögen mich nicht mehr, halten mich für schlampig etc.)? Diese Experimente sehr oft wiederholen, am besten aufschreiben und evtl. das Ganze sogar auch mit 80% probieren.

Kann starkes Lampenfieber vor Auftritten schon ein Indiz für ein psychisches Problem sein?

Lampenfieber und Auftrittsangst bilden ein Kontinuum bei dem Aufrittsangst eine sehr extreme Ausprägung ist (mit massiven körperlichen Symptomen, Vermeidungsverhalten etc.). Das alleinige Auftreten von Lampenfieber führt nicht zwangsläufig zu einer Auftrittsangst – es kommt aber darauf an, wie mit dem Lampenfieber umgegangen wird.

Wird das Lampenfieber zunehmend als negativ bewertet und führt es zu tatsächlichen negativen Auftrittserfahrungen, kann sich mit der Zeit schon eine Auftrittsangst aufbauen. Allerdings kann man einen guten Umgang mit Lampenfieber – auch mit starken Lampenfieber – lernen, so dass es sich nicht zu Auftrittsangst entwickelt.

Die letzte Frage wurde durch Melissa Salinas beantwortet (https://www.melissa-salinas.de/).

food for thoughts – Empfehlungen

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Buchtipp: Alles Kopfsache? https://what-is-practice.de/buchtipp-alles-kopfsache/ https://what-is-practice.de/buchtipp-alles-kopfsache/#respond Fri, 13 Aug 2021 15:07:12 +0000 http://what-is-practice.de/?p=3757 Alles Kopfsache von Joachim J.K. Kunze beschreibt den Einfluss von Motorik und Psyche auf das Spiel von Holz- und Blechbläser*innen. Er zeigt auf, wie eine "musikalische Resilienz" entwickelt werden kann.

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Alles Kopfsache? Joachim J.K. Kunze

Wenn man sich aus Schüler*innen-Perspektive fragt, was wohl die wichtigsten Eigenschaften eines guten Lehrers sind, so stechen neben der fachlichen Kompetenz gewiss gleichermaßen die Fähigkeit zu Motivieren und Begeistern heraus. Jemand, der in seinen Schüler*innen „ein Feuer entfachen“ kann. Möglicherweise lässt sich der Dreiklang aus fachlicher Kompetenz, Motivations- & Begeisterungsfähigkeit noch um eine weitere, wichtige Eigenschaft ergänzen: die Fähigkeit aus eigenen, instrumentalen Rückschlägen gestärkt weitermachen zu können. Wenn man so möchte eine Art musikalische Resilienz. Letzteres charakterisiert gewiss auch Joachim J.K. Kunze und die Erfahrungen die er in seinem Buch Alles Kopfsache? beschreibt.

Über den Autor

Joachim J.K. Kunze studierte Instrumentalpädagogik bei Malte Burba in Mainz. Trotz dieser klassischen Ausbildung spielte er bereits seit seiner Studienzeit in verschiedenen Bigbands und Jazz-Formationen in der Rhein-Main-Region. Seine eigenen Erfahrungen am Instrument sowie als Pädagoge inspirierten ihn, wie dem Vorwort zu entnehmen ist, zu Alles Kopfsache?.
Daneben erschienen drei weitere methodische Bücher zur Verbesserung des Trompetenspiels, sowie eine Anfänger-Schule.

Mehr zum Autor: www.jo-kunze.de

Alles Kopfsache?

Die knapp fünfzig Seiten des Bandes teilen sich im Wesentlichen in zwei Kapitel auf: Motorik und Psyche. Dazu gibt es noch ein kleines Glossar (fünf Seiten) am Ende.

Die wahrscheinlich größte Schwäche des Buches nimmt Kunze gleich zu Beginn selbst vorneweg: Seine Notizen verstehen sich nicht als eine konkrete Übemethode oder gar eine wissenschaftliche Abhandlung, sondern schildern einzig und alleine seine persönlichen Erfahrungen in diesen beiden Themenbereichen. 

Dies ist insofern schade, da viele der beschriebenen Gedanken Lust auf tiefergehende Informationen machen. So zum Beispiel seine Unterscheidung zwischen natürlichem Lernen und der Programmierung des prozeduralen Gedächtnisses.

„Wenn wir uns in dieser Hinsicht verbessern wollen, also über unseren natürlichen Bewegungsablauf, den wir nur durch Anschauen und Nachahmen erlernt haben, hinauswollen, dann funktioniert das nur durch bewusstes Programmieren des prozeduralen Gedächtnisses zu einem effizienteren Bewegungsablauf.“

(Joachim J.K. Kunze, Alles Kopfsache? – Seite 19)

Die Schwerpunkte, die er allerdings setzt, wie beispielsweise Analogien aus dem Sport suchen, lassen dem Leser*in so jedoch viel Raum zur eigenen Umsetzung. Eine Einladung zum Machen eigener Erfahrungen und zum Experimentieren. Dies ist sicherlich die größte Stärke von Kunzes Buch.

Einen ähnlichen pädagogischen Ansatz verfolgte auch Steffen Weber. Er berichtete hiervon im Podcast „Wie übt eigentlich..?

Wie übt eigentlich Steffen Weber?

Dem Umfang angemessen umreißt er die Themen motorisches Lernen und die Zusammenhänge von Psyche und Lernen. Als Leser*in gewinnt man einen ersten, allgemeinen Einblick, der einem Fachliteratur definitiv wesentlich leichter zugänglicher macht.

Konsequent kontextualisiert Kunze seine eigenen Erfahrungen und beschreibt Situationen, die wohl den meisten Holz- & Blechbläser*innen so oder so ähnlich bereits mehrfach widerfahren sein dürften. Besonders die Macht unserer „inneren Stimme“ beschreibt er sehr treffend. Es scheint, dass durch die unmittelbare Nähe zum Instrument es gerade für Bläser*innen wichtig ist, auch regelmäßig an mentaler Stärke zu arbeiten.

Darüber hinaus fallen als Blechbläser auch die Einflüsse Malte Burbas in seiner Ausführungen auf. Der Band lässt sich so auch als kleine „Einführung“ in diese Methodik lesen. 

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Auf einen Blick:

Sprache: Deutsch
Verlag: DVO-Verlag
Umfang: 48 Seiten
Für wen: Holz- & Blechbläser*innen
Sonstiges: Kompakter Start in ein sehr komplexes Themenfeld. Perfekt als Einstiegsliteratur.

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