Orchester | https://what-is-practice.de/tag/orchester/ BLOG Wed, 08 Nov 2023 10:13:56 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.6.2 https://what-is-practice.de/wp-content/uploads/2020/06/cropped-logo-wip-bunt-32x32.png Orchester | https://what-is-practice.de/tag/orchester/ 32 32 Erfolgreiche Probespiel-Vorbereitung: Tipps für den Weg ins Orchester https://what-is-practice.de/erfolgreiche-probespiel-vorbereitung-tipps-fuer-den-weg-ins-orchester/ https://what-is-practice.de/erfolgreiche-probespiel-vorbereitung-tipps-fuer-den-weg-ins-orchester/#respond Mon, 30 Oct 2023 11:54:38 +0000 https://what-is-practice.de/?p=6078 Dein Ziel ist es, Teil eines renommierten Orchesters zu werden? Ein Probespiel ist oft der erste und entscheidende Schritt auf diesem Weg. Dabei kann die richtige Vorbereitung den Unterschied zwischen Erfolg und Enttäuschung ausmachen. Denn, was so süß klingt ist für die meisten Musikerinnen und Musiker eine echte Qual. In drei Runden prüfen dich deine… Weiterlesen »Erfolgreiche Probespiel-Vorbereitung: Tipps für den Weg ins Orchester

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Dein Ziel ist es, Teil eines renommierten Orchesters zu werden? Ein Probespiel ist oft der erste und entscheidende Schritt auf diesem Weg. Dabei kann die richtige Vorbereitung den Unterschied zwischen Erfolg und Enttäuschung ausmachen. Denn, was so süß klingt ist für die meisten Musikerinnen und Musiker eine echte Qual. In drei Runden prüfen dich deine potentiellen Kollegen auf Herz und Nieren. In meinem Podcast „Wie übt eigentlich..?“ habe ich mit der Violinistin Annemarie Gäbler über ihren Weg ins MDR Sinfonieorchester gesprochen. Ein paar ihrer Tipps habe ich in diesem Artikel für dich zusammengefasst. Hier erfährst du, wie du dich optimal auf dein Probespiel vorbereiten kannst. Neben ihren Tipps findest du auch ein paar hilfreiche Links zu Probespiel-Vorbereitungskursen und Mentalen Trainingsangeboten.

Warum ist die Probespiel-Vorbereitung so wichtig?

Bevor wir in die Details eintauchen, werfen wir einen Blick darauf, warum eine gezielte Probespiel-Vorbereitung von entscheidender Bedeutung ist. Ein Orchester ist ein Ort, an dem musikalische Exzellenz gefordert ist. Die Konkurrenz ist groß. Jährliches verlassen mehr Studierende die Hochschulen als es mögliche Orchesterstellen gibt. Dein Probespiel ist also die Gelegenheit, dein Können zu zeigen und die Jury zu beeindrucken. Eine sorgfältige Vorbereitung ist also das A und O.

Tipp 1: Orchesterstellen

Natürlich üben wir das, was am meisten Spaß macht. In Annemaries Fall waren dies Violinkonzerte. Dabei vergisst man schnell, dass in der dritten und letzten Runde nochmal Orchesterstellen dran sind. Das heißt, der letzte Eindruck, mit dem man sich von der Jury verabschiedet sind nicht die virtuosen Klänge eines Mozart Violinkonzerts, sondern möglicherweise ein paar Takte aus einem Werk von Richard Strauss.

Viele Hochschulen bieten dazu extra Fächer an, in denen Mitglieder des Orchesters Orchesterstellen mit Studierenden üben. Am besten man fragt an seiner Hochschule hier einfach mal nach. Daneben finden sich natürlich auch zahlreiche Publikationen mit entsprechender Literatur. Eine kleine Auswahl habe ich hier mal zusammengestellt.

Literatur-Tipps

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Tipp 2: Sich selbst aufnehmen

Hand aufs Herz: Es ist schwer beim Spielen eines Werks, sich auch gleichzeitig voll auf Klang, Intonation, Artikulation und Dynamik zu konzentrieren. Gleichzeitig. Bereits der berühmte Musikpädagoge Gerhard Mantel hat sich daher das Prinzip der rotierenden Aufmerksamkeit erdacht. In jedem Durchgang fokussiert man sich auf ein anderes Detail. Das hilft auch konkret im nächsten Durchgang etwas zu verändern und zu verbessern.

Unschlagbar war für Annemarie (und auch für mich – wenn ich mich auf wichtige Konzerte vorbereite) das eigene Aufnehmen. Die Aufnahme ist ein ehrlicher Spielgel dessen, was man gerade gespielt hat. Jeder, der sich selbst mal aufgenommen hat weiß, dass selbst hier der Puls kurz ansteigt. Man trainiert also gleich auch ein wenig den Stressfaktor mit. Zudem kann man mit den Aufnahmen ein Archiv anlegen und so seinen Fortschritt über einen längeren Zeitraum dokumentieren. Das stärkt zudem auch die Motivation!

Auch wenn die meisten Smartphones bereits sehr gute integrierte Mikrofone haben, lohnt es sich möglicherweise hier einmalig zu investieren. Mit guten Mikrofonen lassen sich auch beispielsweise Proben und Konzerte mitschneiden. Zudem kann man sie als selbstständiger Musiker von der Steuer absetzen 😉 Ein paar Equipment-Tipps habe ich hier zusammengestellt:

Equipment-Vorschläge

Tipp 3: Intonationstraining

Eine gute Intonation ist wichtig. Gerade im Zusammenspiel im Satz – und natürlich im Orchester. Mithilfe von Drone Tones (langen Tönen, meist von einer App generiert, die die Funktion des Grundtons oder eines beliebigen anderen Tons übernehmen) kann man gut die eigene Intonation trainieren. Viele Stimmgerät-Apps bieten eine solche Zusatzfunktion inzwischen an.

Natürlich kann man sich auch selbst aufnehmen und diese Stimme endlos loopen. Oder man bastelt sich in Garage Band (oder Audacity) einen eigenen kleinen Backing-Track.

Ich nutze aktuell TE TUNER.

Literatur-Tipps

Tipp 4: Vorspielen, vorspielen, vorspielen

„Jedes Vorspiel, das man absolviert, hilft“, sagte Annemarie im Podcast. Also am besten man schnappt sich Freunde, Eltern, Großeltern oder Nachbarn und veranstaltet regelmäßig Vorspiele. Natürlich ist der Stressfaktor nicht mit dem des tatsächlichen Probespiels zu vergleich. Dennoch erhält man eine Idee, wie der eigene Körper unter Stress reagiert.

Tipp 5: Gemeinsam üben

Noch besser als nur ein Vorspiel zu organisieren ist es gleich gemeinsam zu üben. Wahrscheinlich üben Kommilitonen gerade ähnliche Passagen für ihr Probespiel und zusammen könnt ihr euch Tipps geben und unterstützen. Annemarie hat sich damals ein paar bessere Fingersätze abgucken können. Aber selbst, wenn das nicht drin ist, profitiert ihr vom Austausch und dem Feedback eurer Mitstudierenden.

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Mental Fit ins Probespiel

Während man bei Auftritten möglicherweise noch gelassen einem Fehler entgegen sieht, weiß man, dass in der Probespiel-Jury ebenfalls nur Musiker*innen sitzen, die alle Verspielen sofort hören werden. Das erzeugt selbstverständlich zusätzlichen Druck. Daher sollte man in jedem Fall sein Repertoire auch mit etwaigen Störungen fehlerfrei vorbereiten. Damit vermeidet man den sogenannten „Rumpelstielzchen-Effekt“.

Der Rumpelstielzchen-Effekt meint, dass man ein Stück nur im bestmöglichen Fall (man hat gut geschlafen, auf der Anfahrt kein Stau gehabt und die Jury ist einem wohl gesonnen) fehlerfrei vortragen kann.

Auch besondere Techniken der mentalen Vorbereitung (z.B. „Ich-Stärkung“) können helfen gestärkt und mit einem guten Gefühl ins Probespiel zu gehen. Techniken des mentalen Übens helfen, die Situation am Probespieltag uns bereits im Vorfeld gut vorzubereiten. Dies muss natürlich niemand alleine bewältigen. Viele Hochschulen bieten während des Studiums hierzu Kurse und Veranstaltungen an. Aber auch mithilfe von Coaches können solche Situationen gemeistert werden. Mein Gast Peter Laib ist beispielsweise ebenfalls studierter Mentalcoach und weiß mit besonderen Techniken Musiker*innen zu helfen.

Literatur-Tipps

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Wie gelingt das Probespiel? https://what-is-practice.de/wie-gelingt-das-probespiel/ https://what-is-practice.de/wie-gelingt-das-probespiel/#respond Sun, 29 Oct 2023 18:16:23 +0000 https://what-is-practice.de/?p=6065 Annemarie Gäbler ist seit 2017 fest im MDR Sinfonieorchester angestellt. Seit langem wollte ich schon eine ganze Folge rund um das Thema Probespiel-Vorbereitung machen. Umso mehr freut es mich, dass Annemarie mir Rede und Antwort gestanden hat und von ihren ganz persönlichen Erfahrungen erzählt. Denn, was so süß klingt, ist für die meisten Musikerinnen und… Weiterlesen »Wie gelingt das Probespiel?

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Annemarie Gäbler ist seit 2017 fest im MDR Sinfonieorchester angestellt. Seit langem wollte ich schon eine ganze Folge rund um das Thema Probespiel-Vorbereitung machen. Umso mehr freut es mich, dass Annemarie mir Rede und Antwort gestanden hat und von ihren ganz persönlichen Erfahrungen erzählt. Denn, was so süß klingt, ist für die meisten Musikerinnen und Musiker eine echte Qual. Wie sich Annemarie auf dieses, für ihre Karriere so wichtige Vorspiel, vorbereitet hat, und welche Tipps sie jungen Musikern mitgeben würde, erfahrt ihr in dieser Folge.

Annemarie Gäbler schwarz-weiß Portrait mit ihrer Geige
Annemarie Gäbler

Lieber hören statt lesen?

Die Folge mit Annemarie Gäbler lässt sich auf allen bekannten Streaming Plattformen kostenlos anhören.

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Das Interview mit Annemarie Gäbler

Inhalt

Vervollständige folgenden Satz: Üben heißt für Dich….

Mich sehr konzentriert auf eine Sache vorbereiten.

Welche Musik (Album / Künstler) läuft bei dir gerade in Dauerschleife?

Aktuell gibt es keine Musik, die in Dauerschleife läuft. Ich höre sehr viele unterschiedliche Genres – vor allen Dingen 80er Jahre Musik. Klassische Musik höre ich besonders gerne im Konzert. Nur selten lege ich zu Hause mal eine Sinfonie auf. Wenn dann doch eher mal Jazz.

Gehst du in der Vorbereitung auf anstehende Konzerte auch dann eher in ein Konzert oder bereitest du dich eher mit CD vor?

Nein, da nutze ich auf jeden Fall CDs und Spotify. Ich finde, dass ist auch eine der wichtigsten Vorbereitungen als Orchestermusiker.

Gibt es einen Musiker, eine Musikerin, die dich musikalisch (auf Dein Spiel bezogen) am meisten geprägt?

Ich glaube, da kann ich schon meine Eltern nennen. Ich bin in einer Musikerfamilie groß geworden und meine beiden Eltern sind auch Geiger. Von klein auf habe ich miterlebt, wie zu Hause Konzerte vorbereitet wurden. Auch ganz unterschiedlicher Musikgenres. Ohne es wahrscheinlich bewusst wahrzunehmen, habe ich da sicher bereits ganz viel mitgenommen.

„Ich habe während des Studiums Einiges unterschätzt, was zum Beruf und zum Probespiel dazu gehört.“

Annemarie Gäbler

Die Vorbereitung auf das Probespiel

Du hast in Weimar Geige studiert. War für dich schon während dieser Zeit klar, dass dein Weg mal in Orchester führen soll?

Eigentlich schon viel früher. Wenn mich jemand mit 16 Jahren gefragt hat, was ich später werden möchte, war meine Antwort immer: „Ich studiere Musik und gehe ins Orchester“.

Ich frage mich auch heute, was aus mir geworden wäre, hätte ich nicht von klein auf mein Hobby gehabt.

Hattest du jemals einen Plan B, für den Fall, dass es mit der Orchesterstelle nicht klappt?

Unterrichten fand ich ebenfalls sehr spannend. Meine Mutter war auch Geigenlehrerin, sodass ich auch hier viel miterleben konnte. Ich fand es immer faszinierend, wie man die speziellen Fertigkeiten des Musikmachens anderen Menschen beibringen kann.

Aber auch Klassenunterricht an einer Schule wäre ein möglicher Plan B für mich gewesen. Zum Glück kam dieser Plan B aber nie zum Tragen, da Plan A funktioniert hat.

Unser Thema heute soll das Probespiel sein. Sowohl die Vorbereitung als auch der Tag selbst und natürlich der Umgang damit, wenn es mal doch nicht klappt. Hast du das Gefühl, dass man während des Studiums gut auf diesen Berufswunsch vorbereitet wird, oder sind Praktika und Akademien eigentlich fast schon unerlässlich?

Jein, ja. Ich glaube, ich habe während des Studiums Einiges unterschätzt, was zum Beruf und zum Probespiel dazu gehört.

Ich finde, man ist während des Studiums sehr stark in diesem „Einzelüben“ drin: also perfekt seine Einzelstimme spielen können und Violinkonzerte vorbereiten. Letztendlich ist das allerdings nur ein Teil des Probespiels – aber es gibt ja auch noch den Teil der Orchesterstellen. Diesen habe ich nicht nur im Studium, sondern wahrscheinlich bis zum Probespiel hin unterschätzt.

Erst jetzt, wo ich auf der anderen Seite auch Probespiele abnehme, realisiere ich mehr und mehr deren Relevanz. Obwohl uns die Wichtigkeit der Orchesterstellen von unseren Lehrern regelmäßig eingebläut wurde.

Hast du in der Vorbereitung Praktika absolviert, um ein Gefühl für die Probespiele und das Orchesterspiel zu bekommen?

Die Probespiele für Akademien und Praktika waren ein kleiner Teil davon. Während der Akademie-Zeiten hat man aber vor allen Dingen gelernt, wie man innerhalb des Orchesters funktioniert. Man findet sich in den Klang seiner Gruppe, in meinem Fall den der 2. Violinen ein. Es zählt nicht, wie toll man alleine klingt. Das ist ein ganz anderes spielen, als während des Probespiels finde ich.

„Ich finde, man ist während des Studiums sehr stark in diesem „Einzelüben“ drin: also perfekt seine Einzelstimme spielen können und Violinkonzerte vorbereiten. Letztendlich ist das allerdings nur ein Teil des Probespiels – aber es gibt ja auch noch den Teil der Orchesterstellen.“

Annemarie Gäbler

Aus dem Vorgespräch weiß ich, dass du bereits in deiner Jugend ein paar „Mini“-Probespiele durchlaufen hast. Gewinnt man dadurch zumindest einen kleinen Eindruck oder lässt sich das mit dem tatsächlichen Probespiel gar nicht vergleichen?

Ich glaube, jedes Vorspiel, das man absolviert, bereitet auf die Probespielsituation vor.

Natürlich ist das Probespiel nochmal ein Härtefall. Anders als bei einem Wettbewerb, wo man in der ersten Runde die Chance hat sich zwanzig Minuten zu präsentieren, sind es im Probespiel (wenn man Glück hat) maximal fünf Minuten.

Es ähnelt etwas dem 100-Meter Sprint. Dort muss alles von Beginn an funktionieren. Man hat nicht die Chance, wie beim Marathon, später nochmal etwas herauszuholen. Jedes Probespiel trainiert dafür natürlich. Man muss vor allen Dingen wissen, wie der eigene Körper in Stresssituationen reagiert.

Das bedeutet aber auch, dass man sehr genau seinem eigenen Körper zuhören muss, oder? Diese Fähigkeit trainiert man ja nicht automatisch in seiner Musiker*innen-Ausbildung?

Ich hatte Glück, dass wir in unserer Geigen-Klasse jede Woche ein Vorspiel hatten. Dieses regelmäßige Training hat mich unglaublich gestärkt.

Wenn ich mir dann Aufnahmen aus diesen Vorspielen angehört habe, merkte ich, dass ich meist sehr hastig war. Daraus habe ich für mich das „Mantra: Zeitlupe“ formuliert. Angefangen vom Gang auf die Probespielbühne oder zum Auftritt, habe ich versucht meine Bewegungen langsam auszuführen, da sich sonst diese Hektik auch auf mein Spiel ausgewirkt hat. Was am Ende jedem einzelnen gegen diese Aufregung hilft, muss man allerdings selbst herausfinden.

Hat sich dein Üben in dieser Zeit deutlich von deinem „normalen“ Üben unterschieden?

Ein großer Punkt in meiner Vorbereitung, war dass ich in den Wochen vor dem Probespiel jeden Tag das Programm einmal durchgespielt und mich dabei aufgenommen habe. Die Aufnahmen waren dann jeweils die Grundlage für mein Üben. Ich habe mir angehört, was gut klang und an welchen Stellen es noch etwas zu tun gab. Das habe ich dann am nächsten Tag geübt.

Alleine zu wissen, dass man sich selbst aufnimmt, bringt schon Stress. Ich war in der Vorbereitungszeit sehr viel genauer als sonst. Und am Ende ist es diese Perfektion, die es beim Probespiel ausmacht.

Könntest du 2-3 Übe-Möglichkeiten aus dieser Zeit nennen, um genau diese Perfektion zu trainieren – abseits der Aufnahmen?

Also Orchesterstellen üben waren natürlich ein sehr großer Punkt. In einer Bruckner-Sinfonie gibt es eine Stelle, die intonatorisch für die 2. Geigen sehr schwierig ist. Hierzu habe ich mir damals Referenztöne aufgenommen, die zur Harmonie passen, um anschließend dazu üben zu können.

Natürlich habe ich auch versucht so viel wie möglich anderen vorzuspielen. Während meiner Akademiezeit haben wir uns häufig getroffen und uns gegenseitig vorgespielt. Man kann dadurch auch schauen, wie die anderen schwierige Stellen meistern. Alleine das Zuhören kann einen schon sehr viel weiterbringen.

Hast du dann auch manchmal Ideen deiner Kolleg*innen „geklaut“?

Vielleicht habe ich mir den ein oder anderen Fingersatz abgeguckt (lacht).

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Hast du dir bewusst in dieser Zeit vorgenommen, weniger Konzerte zu spielen, um dich perfekt auf die unterschiedlichen Vorspiele vorzubereiten?

Während meiner Akademie-Zeit hatte ich verschiedene Orchester-Dienste. Ich war sehr froh darum, dass diese mir etwas Struktur über den Tag gegeben haben und ich nicht „nur“ Zeit zur Vorbereitung auf die Probespiele hatte.

Was in dieser Zeit allerdings gelitten hat, waren private Aktivitäten mit Freunden. Wenn ich wusste, dass ich am kommenden Vormittag üben musste, konnte ich den Abend davor nicht noch mit in eine Kneipe gehen.

Der Tag des Probespiels

Wenn wir uns vorstellen, der Tag X ist gekommen. Wie sieht dein Tag aus? Hast du spezielle Rituale am Morgen oder vielleicht noch sogar am Abend davor?

Ich hatte natürlich unglaubliches Glück, dass ich in der Stadt gelebt habe, in der auch mein Probespiel stattfand. Wenn wir uns diesen Fall einmal vorstellen, hat es mir immer gutgetan, nochmal an die frische Luft zu gehen. Ich bin also sehr sicher mit dem Fahrrad zum Probespiel gefahren. Davor habe ich mir zu Hause circa 30-45 Minuten eingespielt. Allerdings nur langsam und keine schnellen Läufe mehr.

Als ich damals beim MDR angekommen bin, hat man schon aus allen Räumen Geigentöne gehört. Ich habe es immer vermieden mich dort nochmal in einem Raum, gemeinsam mit anderen, einzuspielen. Das hat mich eher verrückt gemacht. Ich habe mich dann versucht zurückzuziehen und in Ruhe Noten auf der Geige ohne Ton zu greifen.

Nach dem Einruf des Orchesterinspektors in den Vorspielsaal, werden jedem Kandidaten zufällig Nummern zugelost. Diese legen dann die Reihenfolge der ersten Runde fest. Meistens findet sie hinter einem Vorhang statt. So weiß niemand aus der Jury, wer wann spielt. Die erste Runde dauert auch am längsten. Es ist also sehr viel mit Warten verbunden.

Sind alle Kandiat*innen durch, stimmt das Orchester ab, wer es in die zweite Runde geschafft hat. Dort spielt man ein romantisches Konzert mit Klavierbegleitung. Nach einer erneuten Beratung stimmt das Orchester ab, wer es in die dritte Runde geschafft hat. Dort sind dann die Orchesterstellen an der Reihe.

Wie ich vorhin schon gesagt habe, sind Orchesterstellen wirklich etwas, das ich unterschätzt habe. Man bereitet sich so intensiv auf die Violinkonzerte vor – natürlich machen diese auch mehr Spaß zu spielen. Losgelöst vom eigentlichen Werk sind die Orcherstellen auch nochmal um einiges schwieriger. Das Orchester hört in der dritten Runde dann ganz genau hin, ob du alles Informationen beachtest, die in den Noten stehen: Dynamik, Artikulation, Strichart, Intonation.

Wenn ich dir so zuhören, klingt das vor allem nach ganz viel Warten. Wie bereitet man sich dann kurz bevor man an der Reihe ist, nochmal auf sein Vorspiel vor? Spielt man sich jedes Mal nochmal ein?

Man rechnet auf jeden Fall durch, wann man ungefähr dran ist. Kurz bevor es soweit ist, nimmt man schon die Geige nochmal in die Hand.

Ich empfand es vor allen Dingen als Herausforderung, dass die Räume klimatisch so anders waren. Im Orchestersaal war es oftmals viel kühler als den Räumen, in denen man sich zuvor aufgehalten hat. Das ist auch ganz praktisch für die Frage „Was ziehe ich an?“ ein Problem.

Wie ist das Gefühl hinter einem Vorhang zu spielen?

Natürlich beeinflusst der Vorhang klanglich das Ergebnis. Aber so geht es ja jedem Kandidaten. Ich fand es sogar ganz charmant, in der ersten Runde für mich zu sein.

Warst du weniger aufgeregt?

Ich war gelöster. Ob ich weniger aufgeregter war, kann ich gar nicht sagen.

Du hast am Anfang gesagt, dass für dich mit 16 Jahren bereits klar war, dass du ins Orchester möchtest. Am Ende hängt die gesamte Karriere unter Umständen von diesem einen Vorspiel ab. Das ist natürlich ein unglaublicher mentaler Druck. Wie gehst du in diesen Situationen mit Fehlern um? Hast du dir darüber im Vorfeld Gedanken gemacht und das möglicherweise sogar trainiert, indem du dich bewusst hast ablenken lassen?

Jetzt, wo du es so sagst, wäre das sicher eine tolle Vorbereitung gewesen (lacht). Aber, dass ich bewusst Fehler eingebaut habe, habe ich nicht trainiert.

Für mich war immer die Schwierigkeit, dass wenn ich mich verspielt habe, ich noch länger über diesen Fehler nachgedacht habe. Obwohl es weiterging. Dann ist natürlich sofort der nächste Fehler passiert. Von daher hätte sich dein Vorschlag gut in meiner Vorbereitung gemacht.

Hast du dir dann zumindest Gedanken gemacht, wie du reagierst, wenn du dich verspielen solltest? Also dein Mantra ist nicht nur „Zeitlupe“ sondern auch „Weiterspielen“.

Ich glaube, ich habe das auch vor allen Dingen durch die vielen Aufnahmen trainiert, die ich in dieser Zeit gemacht habe. Dadurch, dass ich die Stellen am nächsten Tag geübt habe, an denen ich mich tags zuvor verspielt hatte, war ich gut vorbereitet. Ich glaube, das Probespiel-Programm ist mit Abstand das Programm, dass ich bisher am meisten geübt habe.

„Letztlich ist das Probespiel auch eine mentale Herausforderung.“

Annemarie Gäbler

Nach dem Probespiel

Wie geht man am besten mit Absagen um? Du hast das selbst ja auch ein paar Mal erleben müssen? Wie schwer ist es sich immer wieder erneut auf diese Prüfungssituation einzulassen?

In meine aller ersten Probespiele bin ich nicht mit der Vorstellung gegangen, diese zu gewinnen. Sondern ich wollte anfangen diese Situation zu trainieren. Daher war ich sehr locker und konnte schauen, was passiert. Wenn es dann für mich in eine zweite Runde ging, habe ich mich unglaublich gefreut.

Probespiele muss man trainieren. Daher würde ich auch jedem empfehlen, auf Probespiele für Stellen zu gehen, die man vielleicht nicht so sehr möchte. Aber das Training zahlt sich spätestens dann für Stellen aus, bei denen es darauf ankommt.

Natürlich gab es allerdings auch bei mir mehrmals Probespiele, bei denen ich in der letzten Runde war und es am Ende nicht geklappt hat. Besonders wenn dann niemand genommen wurde, sitzt man abends zu Hause da und ärgert sich.

Hattest du jemals den Gedanken, dass wenn es nach dem nächsten Probespiel nicht klappt, dass du dir Gedanken für einen möglichen Plan B machst?

Nein, eigentlich nicht. Eher, dass ich gesagt habe, dass ich mich nochmal an anderen Häusern bewerbe. Aber dass ich den Kopf in den Sand stecke, das gabs für mich.

Ich hatte aber auch, im Vergleich zu Erfahrungen von Freundinnen und Freunden, sehr viel Glück. Andere sind nicht daran zerbrochen, aber haben gewiss begonnen etwas an sich zu zweifeln.

Jetzt auf der anderen Seite

Seit 2017 bist du jetzt fest im MDR Sinfonieorchester. Hättest du einen Wunsch, wie man die Probespiele aus Kandidat:innen-Sicht angenehmer gestalten könnte?

Ich glaube, es gibt in allen Orchestern immer Debatten über Probespiele. Vor allem, wie man sie so gestalten kann, dass man am Ende sich nicht ein Solist ins Orchester holt, sondern jemand der teamfähig ist. Dafür ist natürlich auch das Probejahr da.

Letztlich ist das Probespiel auch eine mentale Herausforderung. Aber auch die Zeit danach, im Orchester, ist mental herausfordernd. Es gibt Dirigenten, die einen fordern, herausgehobene Positionen (Konzertmeister, Solo-Stellen) die anspruchsvoll sind. Ich glaube, daher wirst du immer mit mentalen Herausforderungen zu tun haben. Wenn man das Probespiel geschafft hat, hat man bereits einen Baustein, auf dem man in Zukunft weiter aufbauen kann. Weißt du, was ich meine?

Ja, absolut. Wie schaut dein Übe-Alltag heute aus?

Wir haben ja bereits am Anfang kurz darüber gesprochen, dass ich mir gerne Musik in der Vorbereitung auf Konzerte anhöre.

Kürzlich haben wir „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss gespielt. In der Vorbereitung setze ich mich dann hin und gehe das Stück mit den Noten und der Musik durch. Ich überlege mir, wo die Herausforderungen des Stücks für meine Stimme sind. Gerade bei Strauss merkt man gar nicht immer direkt, wo die Schwierigkeit liegt, wenn man nur in die Noten schaut.

Auf die erste Frage hast du geantwortet, dass Üben für dich heißt, eine Sache sehr konzentriert zu machen. Wie gehst du denn in der Auswahl der zu übenden Stellen vor? Machst du dir während des Hörens kleine Zeichen in die Noten, an Stellen, die du später üben möchtest?

Ja, tatsächlich. Meist greife ich dann direkt nach dem Hören zur Geige, um die Stelle mit dem frischen Eindruck zu spielen.

Natürlich macht man aber auch sehr viel über das Optische. Man sieht irgendwann Stellen, die schwer sind. Man übersieht aber auch manchmal Stellen, die schwer sind (lacht). Das Anhören ist daher für mich eine Absicherung, weil man so viel weniger schwierige Stellen übersieht.

Outro

Was lernst (übst) Du gerade, was Du noch nicht kannst? Darf auch gerne nicht musikalisch sein.

Ich hab seit einem Jahr ein sehr cooles, neues Hobby: Hula Hoop. Viele haben ja die Vorstellung, dass man nur dasteht und den Reifen kreisen lässt. Allerdings ist es unfassbar, was man alles mit einem Hula Hoop machen kann, was teilweise wie Zauberei aussieht.

Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass ich dadurch Bewegungen mache, die ich im Alltag mit meiner Geige verliere.

Also ein kleiner sportlicher und gesundheitlicher Ausgleich?

Ja, genau. Aber ein kreativer sportlicher, gesundheitlicher Ausgleich (lacht).

Welchen Tipp würdest Du Deinem jüngerem, Erstsemester-Musikstudenten-Ich gerne mitgeben, um den Du damals froh gewesen wärst?

Orchesterstellen nicht unterschätzen. Auch Orchesterstellen vorspielen. Am Ende ist das die dritte Runde im Probespiel und damit der letzte Eindruck, den man der Jury gibt.

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